SCHÖNBOHM meint: Meckern können die anderen
Vor kurzer Zeit besuchte ich mit einem Freund das Pokalspiel von Babelsberg gegen Stuttgart. Um einen Parkplatz zu erhalten, waren wir früh vor Ort und nutzten die Gelegenheit, in einem an der Straße gelegenen Café einzukehren – es war gut besucht, der Kellner aufmerksam und freundlich.
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Vor kurzer Zeit besuchte ich mit einem Freund das Pokalspiel von Babelsberg gegen Stuttgart. Um einen Parkplatz zu erhalten, waren wir früh vor Ort und nutzten die Gelegenheit, in einem an der Straße gelegenen Café einzukehren – es war gut besucht, der Kellner aufmerksam und freundlich. Mit dem sich nähernden Spielbeginn verließen immer mehr Gäste das Lokal, so dass wir zum Schluss fast die einzigen Gäste waren. Darum fragte mein Freund nach dem Bezahlen den Kellner : „Sind Sie denn mit dem Besuch hier zufrieden?“ Er schaute uns erstaunt an und sagte : „Wieso? Es war doch gut. Meckern können die anderen!“ Dieser junge Mann sprach mit großer Selbstverständlichkeit aus, was viel zu selten wahrgenommen wird. Könnten wir nicht zufrieden sein mit dem was bisher erreicht wurde? Potsdam wächst in der Einwohnerzahl und wird nicht nur von Touristen aus Deutschland, sondern aus aller Welt als eine schöne, historisch interessante und prosperierende Stadt wahrgenommen. Hier gibt es die geringste Arbeitslosigkeit in Brandenburg. Es ist eine junge Stadt, die vom Zuzug profitiert. Die Neubürger berichten voller Freude über Potsdam. Könnte nicht jeder stolz sein, was nach der Einheit erreicht wurde? Wer sich 20 Jahre zurückerinnert, dem werden unter anderem die grauen abgewohnten Häuser, der vorgesehene Abriss barocker Häuserzeilen, das begrenzte Warenangebot, die unendliche Wartezeit auf einen Trabi, die zum langsam Fahren zwingenden holprigen Straßen, die Umweltbelastungen oder die fehlende Meinungsfreiheit in den Medien noch in Erinnerung sein – es sei denn, man hätte alles vergessen, weil heute alles selbstverständlich ist. Westdeutsche Städte vergleichbarer Größe erleben vielerorts hingegen Verfall der Infrastruktur und eine Abnahme der Lebensqualität in dem Zeitraum, in dem Potsdam sich so gut entwickelt hat. Können wir nicht dem jungen Mann folgend auch sagen: „Es ist doch gut. Meckern können die anderen.“
Unser Autor ist ehemaliger Innenminister des Landes Brandenburg, Senator in Berlin, General a.D. der Bundeswehr und Ehrenvorsitzender der CDU Brandenburg. Er lebt in Kleinmachnow.
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