zum Hauptinhalt

Aus dem GERICHTSSAAL: Mehr als 20 000 Euro ergaunert

Bewährung für Spielsüchtigen wegen Betrugs

Stand:

Mal waren es Eintrittskarten für das Musical „König der Löwen“, mal VIP-Tickets für das DFB-Finale FC Bayern München gegen Borussia Dortmund oder das Champions-League-Finale, ein anderes Mal hochwertige Mobiltelefone. Henry H.* (25) bot die Sachen gegen Vorkasse bei Ebay an. Dass sie nur in seiner Phantasie existierten, ahnten die Interessenten nicht. Blauäugig überwiesen sie den geforderten Betrag auf das Konto des vermeintlichen Verkäufers und warteten dann vergeblich. Rund 20 900 Euro ergaunerte der Potsdamer zwischen Januar und Dezember 2012 auf diese Weise. Außerdem missbrauchte er die Kreditkarte seiner damaligen Freundin, erleichterte ihr Konto um 2900 Euro und bestellte bei mehreren Versandhäusern Spielkonsolen und ein Handy, ohne die Waren zu bezahlen. Das hinderte ihn nicht daran, sie nach Erhalt sofort zu Geld zu machen.

Das Schöffengericht unter Vorsitz von Reinhild Ahle verurteilte Henry H. am gestrigen Mittwoch wegen Betrugs in 44 Fällen sowie 13-fachen Computerbetrugs – jeweils gewerbsmäßig begangen – zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Die Sanktion wurde für die Dauer von drei Jahren zur Bewährung ausgesetzt. Sie ist bereits rechtskräftig.

Trotz der Vielzahl der Anklagepunkte war es ein relativ kurzer Prozess. Der arbeitslose Fleischer legte ein umfassendes Geständnis ab. So mussten keine Zeugen gehört werden. Als Motiv seines Handelns nannte er Spielsucht. Weil die Verluste die Gewinne bei Weitem überstiegen, habe er nach einem Weg gesucht, schnell an Geld zu kommen, erzählte Henry H. freimütig. Über Konsequenzen habe er nicht nachgedacht und seinen wahren Namen sowie tatsächlich existierende Kontoverbindungen im Internet angegeben. So war es für die Ermittler nicht schwer, ihm auf die Schliche zu kommen. Am 6. September 2012 wurde der Betrüger verhaftet, aber gegen Auflagen wieder auf freien Fuß gesetzt. Eine Warnung war das für ihn offenbar nicht. Henry H. machte ungeniert weiter.

Bereits 2011 war der kräftige Mann wegen vergleichbarer Taten zu einer geharnischten Geldstrafe verurteilt worden. Jetzt wolle er sich ganz bestimmt ändern, versicherte er während der Verhandlung am Mittwochvormittag. Er sei bereit, sich therapieren zu lassen. Erst im Mai dieses Jahres befand sich Henry H. zu einer Entwöhnungstherapie in der Tagesklinik Lindow, brach diese aber nach zwei Wochen ab, weil er sich nicht richtig behandelt fühlte. Die Fachärzte attestierten ihm neben seinem „pathologischen Spielverhalten“ auch Alkoholmissbrauch und Drogenkonsum. Ohne entsprechende Behandlung bestehe die Gefahr eines „Rückfallrisikos in allen drei Suchtbereichen“.

„Pathologische Spielsucht führt laut Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zur Aufhebung der Schuldfähigkeit oder deren Einschränkung“, stellte Richterin Ahle klar. „Allerdings ist Spielsucht eine Krankheit. Das hat das Gericht strafmildernd bewertet. Wenn Sie die Sucht überwinden, ist davon auszugehen, dass Sie künftig keine Straftaten mehr begehen“, so die Vorsitzende. Deshalb muss sich der Angeklagte einer stationären Therapie unterziehen. Und er hat den angerichteten Schaden „nach besten Kräften wiedergutzumachen“. (*Name geändert.) Hoga

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })