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Fahrradfahren mal anders. Besucher des „Mediatrike“-Festivals am gestrigen Freitag hatten die Möglichkeit, selbst einmal mit einem Lastenrad zu fahren. An Ständen auf dem Bassinplatz wurden viele einfallsreiche Nutzungsmöglichkeiten von Lastenrädern gezeigt.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Mehr als nur Essen auf Rädern

Auf dem Bassinplatz fand das erste „Mediatrike“-Festival statt – ein Fest rund um Lastenfahrräder

Bio-Crêpes backen, Würstchen grillen, Musik spielen oder Touristen chauffieren – wie vielfältig nutzbar Lastenräder sind, konnte man am gestrigen Freitag auf dem Bassinplatz beim „Mediatrike“-Festival erleben. Zwei Räder vorne, dazwischen eine große Kiste und hinten ein gemütlicher Fahrradsitz – so kann man sich ein Lastenrad vorstellen.

Das Festival war das erste dieser Art und zugleich ein Finale: Denn es war der Abschluss eines vierjährigen Lastenradbauprojekts in Potsdam. Träger ist der Verein zur Förderung innovativer Wohn- und Lebensformen (Inwole) vom Projekthaus Potsdam.

„Wir haben hauptsächlich mit benachteiligten Kindern gearbeitet, ein Jahr lang zum Beispiel mit Flüchtlingskindern“, erzählt Benjamin Maltry, der hauptberuflich Fotograf ist und beim „Mediatrike“-Festival die Technik übernahm. Die Verantwortlichen haben sich mit Jugendlichen und Kindern in Arbeitsgruppen getroffen und ihnen beim Bau eines Lastenrads geholfen. Dabei bestimmten die jungen Leute selbst, was aus ihrem Rad wird: Ein Imbiss? Ein mobiles Kino? Ein fahrender Grill? Der Kreativität waren keine Grenzen gesetzt. Finanziert wurde das Projekt aus Bundesmitteln über das Programm „Kultur macht stark“.

Das erste Potsdamer Projekt fand in der Leonardo-da-Vinci-Gesamtschule statt und hatte eine mobile Radiostation zum Ergebnis. Beim Festival stellte der Verein die Ergebnisse aus insgesamt vier Jahren Lastenradbau vor und lud auch andere kreative Lastenradbesitzer ein: Nora Villwock etwa präsentierte gemeinsam mit ihrem Sohn Julian und ihrem Mann Jens Wegener ein großes Grilllastenrad, auf dem neben normalen Würstchen auch vegetarische Spieße und Wurstlollis zubereitet wurden. Auf einem Rad daneben war ein großer Kühlschrank für Getränke montiert, daneben ein kleineres Lastenrad, das Julian zum Geburtstag bekommen hat: Aus einem alten Klapprad hat der Vater ihm ein Lastenrad gebaut, das Musik spielt. Seit zehn Jahren haben sie die Räder, das kleine Familienunternehmen nutzt sie oft für Veranstaltungen des Brandenburgischen Kulturbundes und auch privat. „Auch unseren Umzug haben wir mit dem Grillrad gestemmt“, erzählt Jens Wegener. Einen Führerschein haben beide nicht – und brauchen ihn auch nicht. „Es geht uns auch um Nachhaltigkeit“, erklärt Nora Villwock.

Für viele ist der Nachhaltigkeitsgedanke wichtig. So etwa bei Kathleen Walter, der Leiterin des Oskar-Begegnungszentrums in Drewitz, und ihrer Kollegin Carolin Schmidt. „Die Gartenstadt Drewitz steht ja auch für Klimaschutz und wenig CO2-Ausstoß“, sagt Walter. Daher werde das Lastenrad bei kurzen Wegen stets dem Auto vorgezogen. Das hübsche Lastenrad, in dessen Kiste Kunstrasen und bunte Blumen für den Stadtteil werben, entstand vor zwei Jahren in Zusammenarbeit mit „Mediatrike“ beim „Localize“-Festival in dem Stadtteil. Seitdem wird es oft genutzt, beim Fest auf dem Bassinplatz etwa als Werbung für den Parksommer Drewitz vom 21. Juni bis 24. Juni. Kathleen Walter und Carolin Schmidt teilten an die Besucher frische Melonenshakes aus, die sie direkt auf der Nutzfläche des Rades mixten.

Fürs leibliche Wohl war nicht nur mit dem Grilllastenrad gesorgt: Kathrin Hoffmann und Bertrand Peschard waren mit ihrem mobilen Crêpe-Rad vor Ort. Seit 2010 stehen die beiden damit auf Festen und Veranstaltungen in Potsdam und Berlin und verkaufen ihre süßen und herzhaften Crêpes – zum Teil ganz aus Bio-Zutaten. Bei der Hitze war auch der Service von Mathias Neubert Gold wert: Seine Lastenräder sind eine Art Rikscha, mit der er normalerweise Stadtführungen für behinderte Menschen durch Potsdam organisiert – und gestern für jeden, der Lust hatte. Wer wollte, durfte außerdem selber mit dem Lastenrad über den Bassinplatz düsen und ein Gefühl für das multifunktionale Vehikel bekommen. Daneben gab es eine Filmvorführung und Einradshows. Sogar ein Zirkuslastenrad war dabei und wurde für eine kleine Show genutzt. Es gibt kaum etwas, das sich nicht mit einem Rad machen lässt, das wurde auf dem Fest deutlich.

Anne-Kathrin Fischer

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