Landeshauptstadt: Mehr Macht für Direktoren
Potsdams Schulleiter wünschen sich mehr Selbstständigkeit für ihre Häuser – bald könnte es soweit sein
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Wenn Ulrich Kreutzahler erzählt, dürften seine Erfahrungen für Potsdamer Schulleiter wie Geschichten einer anderen Welt klingen. Denn Kreutzahler ist Leiter einer so genannten eigenverantwortliche Grundschule in Niedersachsen – und konnte jüngst bei einer öffentlichen Bildungsdiskussion im Helmholtz-Gymnasium von seinen Erfahrungen als selbständiger Schulchef sprechen. „Mit mehr Verantwortung schaffen wir uns eine eigene Identität“, sagte Kreutzahler.
Das Modell von Niedersachsen gilt seit einem Jahr: Die Direktoren aller allgemeinbildenden Schulen sind jetzt direkte Dienstvorgesetzten des Personals, sie entscheiden über Neueinstellungen, besondere Schulprofile und den Stundenplan, zählte Kreutzahler auf. Einer der ihm dabei genau zugehört hat, ist Dieter Rauchfuß. Der Leiter des Helmholtz-Gymnasium hat bereits erste Erfahrungen mit mehr Freiheit für seine Schule – zusammen mit drei anderen Potsdamer Lehrhäusern nahm das Gymnasium an dem Modellvorhaben „Stärkung der Selbständigkeit von Schulen“ teil, kurz Moses. Das Projekt mit dem biblischen Namen sollte Schulen öfter selber entscheiden lassen – und nicht allein das zuständige Schulamt in Brandenburg an der Havel.
Inzwischen ist das Landes-Modellprogramm vorbei, die Freiheiten haben die Schulen auf dem Papier aber immer noch. „Das Problem ist nur, dass viele der Rechte real nur bedingt einlösbar sind, also unsere Wahlrechte nur eingeschränkt“, wiederholte Helmholtz-Leiter Rauchfuß gestern auf Anfrage eine Kritik, die er auch schon bei der Diskussion in seiner Schule geäußert hatte. Dennoch: Das Programm an sich findet er „wichtig“ – als einen ersten Schritt beispielsweise dahin, dass Schulen genau solche Lehrer einstellen können, dass sie zu den Zielen und Schwerpunkten des Hauses passen.
Das wünscht sich auch Ulrike Kegler. Ihre Montessori-Oberschule war auch an dem Moses-Programm beteiligt – ein Gewinn, wie Kegler findet: „Das hat viel Bewegung gebracht, mehr Freiraum und mehr Verantwortung.“ Eine Folge davon ist, dass die Schule nun auf eine Lehrerstelle verzichten kann – und mit dem gesparten Geld Honorarkräfte engagieren darf. „So haben wir viele Kontakte mit Experten von außen“, sagte Kegler gestern den PNN. Dies sei wichtig, um eigene Prioritäten zu setzen, Entscheidungen an Hand der eigenen Schulstrategie zu treffen: „So etwas ist anderswo bereits gang und gäbe.“ Wichtig sei bei aller Freiheit nur, so Ulrike Kegler, dass die so getroffenen Entscheidungen regelmäßig „von außen“ überprüft werden.
Dass der Schulleiter mit mehr Machtbefugnissen von vielen Potsdamer Eltern gewollt wird, zeigte die Bildungsdiskussion im Helmholtz-Gymnasium auch: Schon weil dem staatlichen Schulamt kaum Kompetenz zugetraut wird. „Ich erwarte, dass die Schule sich ihre passenden Lehrer aussuchen kann und dass das nicht vom Schulamt bestimmt wird“, sagte der Journalist Michael Inacker von einer Elterninitiative aus Kleinmachnow. Auch Lutz Schirmer als Vorsitzender des Fördervereins der Eisenhart-Schule sieht viele Vorteile in mehr Selbstständigkeit: „Es muss motivierend für Lehrer sein, wenn sie ein eigenes Budget für ihre Projekte hätten.“
Solche Effekte hat Ortrud Meyhöfer von der Voltaire-Schule schon erleben können, weil auch sie bei „Moses“ dabei war: „Mit mehr Verantwortung steigt die Qualität von Schulen.“
Diese Meinung teilt inzwischen offenbar auch das zuständige Bildungsministerium: Zumindest dessen Staatssekretär Burkhard Jungkamp kann sich Niedersachsens Weg der eigenverantwortlichen Schule auch für Brandenburg vorstellen, stellte er in der Diskussion klar: „Von Moses wird nichts zurückgenommen.“ Der weitere Prozess erfolge schrittweise – und vorsichtig. Denn eines dürfe nicht passieren, so Jungkamp: „Es darf keine Diktatur des schlechten Schulleiters geben.“
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