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Von Kay Grimmer: Mehr Obdachlose in Potsdam befürchtet Sozialbericht: Steigende Zahlen bei Mietschulden und Wohnungsverlust / Obdachlosenheim überfüllt

Die Zahl der wohnungslosen und von Obdachlosigkeit bedrohten Potsdamer wird steigen. Das wird im aktuellen Sozialbericht der Landeshauptstadt Potsdam prognostiziert, der sich diesmal schwerpunktmäßig mit der Wohnungssituation in der brandenburgischen Landeshauptstadt auseinandersetzt.

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Die Zahl der wohnungslosen und von Obdachlosigkeit bedrohten Potsdamer wird steigen. Das wird im aktuellen Sozialbericht der Landeshauptstadt Potsdam prognostiziert, der sich diesmal schwerpunktmäßig mit der Wohnungssituation in der brandenburgischen Landeshauptstadt auseinandersetzt. Parallel zu steigenden Obdachlosenzahlen stößt das Obdachlosenasyl am Lerchensteig bereits an seine Kapazitätsgrenzen. Die 80 Plätze seien zu „über 100 Prozent ausgelastet“, heißt es in dem Bericht.

Wie viele Potsdamer wirklich ohne Obdach sind, lasse sich nicht genau erfassen, sagte die Sozialbeigeordnete Elona Müller (parteilos) gestern gegenüber Journalisten. Allerdings sprechen die Zahlen im Sozialbericht eine deutliche Sprache: Die Zahl von Wohnungskündigungen stieg 2008, dem aktuellstem Statistikzeitraum, um über 100 auf insgesamt 656. Bei der Stadt gingen 378 Anträge zur Übernahme von Miet- oder Energieschulden ein, fast doppelt so viele wie 2007. Und der Anstieg scheint sich fortzusetzen. Laut der Statistik zum ersten Halbjahr 2009 gingen nochmals ein Drittel mehr Anträge ein. Auch die Zahl der Beratungen zu Wohnungslosigkeit erhöhte sich von 2460 im Jahr 2007 auf über 2750 im Jahr 2008.

Wohn-Bereichsleiter Hans-Joachim Böttche konstatierte, dass Vermieter ihre Rechte mittlerweile „ausreizen“ würden. „Waren Vermieter in den Vorjahren bei Sanktionen eher gemächlich, droht Mietern mittlerweile nach zwei rückständigen Mieten schon der Verlust der Wohnung.“ Relativ konstant blieben indes die Zahlen der Räumungsklagen – 316 zählte die Wohnungsnotfallhilfe – und der angekündigten Zwangsräumungen: 176 waren es im Jahr 2008. Auffällig hingegen war, dass in beiden Fällen der Anteil der Haushalte mit Kindern stark gestiegen ist.

Das Jahr müsse genutzt werden, um den Ausbau von weiteren Betreuungskonzepten zu fördern, so Elona Müller. Sowohl frühzeitige Hilfsangebote bei drohenden Mietschulden wie auch niedrigschwellige Beratungen zur Wohnungslosigkeit müssten verstärkt werden. Neben Lösungen für Haushalte mit Kindern müssten künftig auch qualifizierte Betreuungsformen für ältere und jugendliche Wohnungslose gefunden werden. „Ich bin nämlich nicht der Meinung, dass das Obdachlosenasyl für Jugendliche die richtige Anlaufstelle ist“, sagte Müller.

In der Einrichtung im Lerchensteig indes finden sich weitere Baustellen. „Normalerweise soll ein Obdachlosenheim keine dauerhafte Wohnstätte sein“, erklärte die Sozialbeigeordnete. Die Zahlen sprechen eine andere Sprache: „Mehr als jeder vierte Heimbewohner lebt seit über fünf Jahren dort“, musste Müller feststellen. Der Sozialbericht geht überdies davon aus, dass die Hälfte der Heimbewohner alkoholkrank, ein weiteres Drittel durch Alkoholismus gefährdet ist. „Diese laut Fachsprache ,nassen Alkoholiker’ sind nicht mehr therapierbar und bräuchten besondere Betreuung“, so Müller. Ziel der Sozialbeigeordneten ist es, jene Alkoholkranken aus dem Heim in kleine Betreuungsformen von sozialen Einrichtungen und Wohngruppen unterzubringen.

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