Von Henri Kramer: Mehr Sozialarbeiter sollen Kinder in Potsdam schützen Jugendamt bekommt Verstärkung, um wachsender Zahl möglicher Kindesgefährdungen nachzugehen
Um das Risiko tragischer Vernachlässigungsfälle von Kindern zu minimieren, erhält das Potsdamer Jugendamt mehr Sozialarbeiter. Künftig gibt es für den Kindeswohl-Bereich zwischen 11,1 und 11,4 statt der 8,6 Personalstellen bisher, sagte Sozialbeigeordnete Elona Müller am Dienstag den PNN auf Anfrage: „Die neuen Fachkräfte sollen innerhalb der nächsten drei Monate eingestellt werden, damit sie spätestens Anfang 2010 ihre Arbeit beginnen können.
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Um das Risiko tragischer Vernachlässigungsfälle von Kindern zu minimieren, erhält das Potsdamer Jugendamt mehr Sozialarbeiter. Künftig gibt es für den Kindeswohl-Bereich zwischen 11,1 und 11,4 statt der 8,6 Personalstellen bisher, sagte Sozialbeigeordnete Elona Müller am Dienstag den PNN auf Anfrage: „Die neuen Fachkräfte sollen innerhalb der nächsten drei Monate eingestellt werden, damit sie spätestens Anfang 2010 ihre Arbeit beginnen können.“ Sie rechne mit Kosten zwischen 100 000 und 120 000 Euro, so Müller gestern. In der Konferenz der Beigeordneten sei das nötige Geld bereits bewilligt worden.
Mit der Personalerhöhung um rund ein Drittel reagiert die Stadtverwaltung auf die Befunde einer Studie der Start gGmbH, der Kinderschutzfachstelle des Landes Brandenburg. Die Beratungsgesellschaft hatte in diesem Jahr untersucht, wie das Jugendamt mit Verdachtsfällen auf Kindeswohlgefährdung umgeht – und war dabei zu dem Schluss gekommen, dass die Behörde zunehmend an personelle Grenzen stößt. Anfang August hatte die Behörde bereits „in Einzelfällen“ einen „Arbeitsstau“ eingeräumt.
Der Hauptgrund dafür ist, dass die Mitarbeiter des Jugendamts zunehmend mehr Fällen nachgehen müssen, bei denen Eltern nicht mehr allein für ihre Kinder sorgen können. Ein Beleg dafür ist die Zahl der gewährten Hilfen zur Erziehung, die Eltern zustehen, wenn sie mit ihren Söhnen oder Töchtern überfordert sind: 55 solcher Maßnahmen hat das Jugendamt noch 2007 bewilligt, 2008 waren es 188. Vielfach wenden sich die Eltern nicht von selbst an die Stadtverwaltung. Oft seien es Freunde oder Nachbarn, die beim Amt anrufen. Die wachsende Zahl solcher Fälle erklärt sich laut Müller mit der gestiegenen Sensibilität nach spektakulären Tragödien, bei denen Kinder in Deutschland von der Umwelt unbemerkt vernachlässigt oder misshandelt wurden, teilweise nur noch ihre Leichen geborgen werden konnten. Verantwortlich sei zudem die wachsende Kinderzahl in Potsdam, so Müller: „Die Stadt wird größer, das macht sich eben bemerkbar.“
Nicht nur mit mehr Personal will Müller darauf reagieren – wegen der Haushaltssituation sei die Stadtverwaltung auch dazu verpflichtet, bestimmte Abläufe zu überdenken. So müssen sich die Sozialarbeiter im Jugendamt ab Januar auf neue Regelungen einstellen, die die Dokumentation von Hausbesuchen betreffen, wenn es um Verdachtsfälle auf Kindeswohlgefährdung geht. Bisher müssen sie dafür einen zweiseitigen Bogen ausfüllen, bei dem einige Antwortvorgaben recht frei ausgefüllt werden können – dieses Verfahren solle laut Müller mehr „standardisiert“ und mit Hilfe von Computern ablaufen, um die Schreibarbeit zu reduzieren. Denn manche Kollegen würden nach Besuchen bei Familien mit möglichen Kinderschutz-Problemen noch zu viele Details aufschreiben – auch aus der Angst heraus, bei einem so sensiblen Thema etwas zu vergessen. „Da lässt sich noch Entlastung schaffen“, so Müller.
Gleichzeitig betonte die Sozialbeigeordnete, dass die Studie neben dem Personalbedarf ein weiteres wichtiges Ergebnis gebracht habe: Die prinzipiellen Abläufe im Jugendamt beim Thema Kinderschutz seien „in Ordnung“. Dies bestätigte auch Studienleiter Hans Leitner von der Start gGmbH den PNN: „Mit den Ergebnissen unserer Analyse wird offensichtlich sehr verantwortungsvoll umgegangen.“
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