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Das Amtsgericht Potsdam muss nun über das weitere Verfahren entscheiden.

© dpa

Prozess am Landgericht Potsdam: Messerstecherei im Suff

Einem Iraner aus Potsdam wird versuchter Totschlag vorgeworfen. Noch sind einige Details des Tathergangs unklar.

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Potsdam - Eskalierter Streit unter Flüchtlingen: Seit gestern muss sich ein 22-jähriger Potsdamer iranischer Abstammung vor dem Landgericht Potsdam wegen versuchten Totschlags verantworten. Er hatte im Herbst vergangenen Jahres im Flüchtlingsheim an der Alten Zauche einen afghanischen Flüchtling im Streit mit einem 18 Zentimeter langen Küchenmesser bedroht und ihm eine Schnittverletzung am Kopf zugefügt. Sowohl das Opfer Muhammad H. als auch der mutmaßliche Täter Isa H. waren zum Zeitpunkt der Tat stark angetrunken, eine verminderte Schuldfähigkeit des Angeklagten ist daher nicht ausgeschlossen.

Die starke Alkoholisierung der beiden während des Taggeschehens erschwerte die Rekonstruktion, auch der genaue Auslöser des Streits ist noch unklar: Am Abend des 26. Oktobers 2015 hatte Isa H. zusammen mit dem 24-jährigen Muhammad H. sowie mit seinen beiden Mitbewohnern, die ebenfalls aus dem Iran stammten, in seiner Wohnung im Flüchtlingswohnheim gesessen und getrunken. Muhammad H., der wenig Alkohol vertrug, wollte irgendwann gehen, da es ihm nicht gut ging.

Mit dem Messer einen sechs Zentimeter langen Schnitt zugefügt

Dabei habe er eine Flüssigkeit umgestoßen und möglicherweise mit einer beleidigenden Bemerkung das Zimmer verlassen – genau konnte er sich nicht erinnern. Auf dem Flur kam es dann laut Anklageschrift zu einer handfesten Auseinandersetzung, Isa H. und Muhammad H. fingen an, sich zu schlagen und zu treten, andere Bewohner des Flüchtlingsheims versuchten sie zu trennen.

Isa H. ging zunächst in sein Zimmer zurück, fand dort ein Messer und ging erneut auf den Flur, wo er versuchte, Muhammad H. in den Bauch zu stechen. Das gelang nicht, weil sich eine dritte Person schützend vor den Attackierten stellte. Dennoch schaffte es Isa H., mit dem Messer nach dem Kopf von Muhammad H. zu schlagen und ihm einen sechs Zentimeter langen Schnitt zuzufügen.

„Ich wollte ihn nicht töten, nicht mal verletzen“

„Ich wollte ihn nicht töten, nicht mal verletzen“, sagte der Angeklagte am Dienstag aus. Als er gesehen habe, was er getan hatte, sei er geschockt gewesen und habe vor Ort auf die Polizei gewartet. Seitdem sitzt Isa H. in Untersuchungshaft. Das Opfer konnte sich – aufgrund seines starken Alkoholpegels – kaum an die Tat erinnern.

Isa H. zeigte sich am ersten Verhandlungstag offen und reflektiert: Nachdem Muhammad H. seine Aussage gemacht hatte, ging er auf ihn zu und entschuldigte sich. Die beiden Männer gaben sich daraufhin die Hand und umarmten sich.

Eine mögliche Erklärung für die Tat liegt in der Vorgeschichte von Isa H.: Das Verhältnis zu seiner sehr religiösen Familie sei schlecht gewesen, so der Angeklagte, insbesondere zu seinem autoritären Vater: Isa H. ist leidenschaftlicher Breakdancer – immer wieder habe ihn sein Vater deshalb geschlagen.

Wegen Trunkenheit: 70 Peitschenhiebe im Iran

Zudem trink Isa H. seit etwa zehn Jahren immer wieder viel Alkohol, einmal wurde er von den iranischen Behörden wegen Trunkenheit zu über 70 Peitschenhieben verurteilt. Im Iran habe er sich eine Zeit lang sogar mit Selbstmordgedanken getragen. Generell habe er eine Aversion gegen den Islam und deutlich religiöse Muslime: Selbst wenn er nur jemanden beten sehe oder eine verschleierte Frau auf der Straße sehe, wühle ihn das innerlich auf, so Isa H.: „So was macht mich crazy.“

Ob seine Abneigung gegen religiöse Muslime Auslöser für den Streit gewesen war, bleibt vorerst Spekulation. Generell herrschte eine eher angespannte Stimmung in der winzigen Zwei-Zimmer-Wohnung, in der Isa H. zusammen mit den zwei anderen Iranern wohnte – er selbst musste auf der Couch schlafen.

Insgesamt acht Verhandlungstage sind angesetzt. Die Beweisaufnahme verlängert sich, weil viele Zeugen per Dolmetscher befragt werden müssen. Mit einem Urteil kann frühestens am 24. Mai gerechnet werden. Ob Isa H. wegen versuchten Totschlags verurteilt werden wird, ist offen, seine Tat könnte auch als schwere Körperverletzung gewertet werden.

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