
© B. Settnik/dpa
Debatte zum Standort der Potsdamer Moschee: Ministerin Münch verteidigt Garnisonkirchen-Vorstoß - trotz massiver Kritik
Die Potsdamer Muslime könnten perspektivisch doch die Garnisonkirche als Gebetsraum nutzen, schlug Brandenburgs Kulturministerin Martina Münch vor. Das sorgte für viel Unverständnis - und ein wenig Lob.
Stand:
Potsdam - Der überraschende Vorstoß von Brandenburgs Kulturministerin Martina Münch (SPD), das noch nicht gebaute Kirchenschiff der Garnisonkirche als Gebetsraum für die Potsdamer Muslime zu nutzen, hat am Mittwoch überwiegend für Kopfschütteln gesorgt. Heftige Kritik kam von der CDU. Deren Landtagsabgeordneter Steeven Bretz sprach von einem „inhaltlichen und konzeptionellen Totalausfall“ und einem „respektlosen Umgang mit den vielen Ehrenamtlichen, die sich für den Wiederaufbau der Kirche einsetzen“.
Münch: Über unkonventionelle Möglichkeiten der Garnisonkirche nachdenken
Während der Podiumsdebatte zum Standort für eine Moschee in Potsdam im Hans Otto Theater hatte die Ministerin am Dienstagabend überraschend erklärt: „Wir sollten auch nachdenken, wie wir das Kirchenschiff der Garnisonkirche nutzen – das kann auch eine Moschee sein.“ Münch ließ am Mittwoch auf PNN-Anfrage mitteilen, es mache angesichts der Debatte um die Garnisonkirche durchaus Sinn, auch über unkonventionelle Möglichkeiten bei der Nutzung des Kirchenschiffs nachzudenken und zu diskutieren. Münch: „Klar ist aber auch, dass dieser Vorschlag keine kurzfristige Lösung bei der Suche nach einem Standort für eine Moschee sein kann.“
Dagegen sagte Bretz, der Vorschlag zeige ein „erschreckendes Defizit an Sensibilität gegenüber jeder Religion“. Auch Alexander Gauland, Fraktionschef der rechtspopulistischen AfD, griff die Ministerin an: Sie wolle das Christentum durch den Islam ersetzen und „Kirchen auf dem Altar der Willkommenskultur opfern“.
Garnisonkirchenstiftung: Vorschlag sei nicht hilfreich
Diplomatischer klang die Reaktion der Stiftung Garnisonkirche. Deren Vorstandssprecher Wieland Eschenburg sagte auf PNN-Anfrage, der Vorschlag sei nicht hilfreich, um den Raumbedarf der muslimischen Gemeinde zu decken. Die Stiftung konzentriere sich auf den Bau des historischen Kirchturms, der ab Herbst errichtet werden soll. Gedanken zum Schiff mache man sich erst dann, wenn dafür „erkennbare Grundlagen vorhanden sind“. Gleichwohl könne man natürlich über Ideen reden: „Das freie Denken hat den Menschen immer schon vorangebracht.“Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD), der während Münchs Vorstoß etwas perplex gewirkt hatte, sagte auf Anfrage: „Das ist ein interessanter Vorschlag. Er ist aber wohl eher auf die Zukunft ausgerichtet. Wir konzentrieren uns jetzt darauf, baldmöglichst einen Standortvorschlag für die Muslime zu unterbreiten.“
Rückendeckung erhielt Münch dagegen von Linke-Kreischef Sascha Krämer: „Wenn man den Gedanken der Ministerin aufgreift und weiterdenkt, dann könnten wir über die Errichtung eines interreligiösen Zentrums in dem Turm nachdenken.“ Derzeit ist der Turm als Versöhnungszentrum geplant, zudem soll eine Aussichtsplattform für Einnahmen sorgen. Derweil wird auch an anderer Stelle über die Nutzung der Garnisonkirche nachgedacht – in der Potsdamer Fachhochschule (FH). Ein Kurs im Studiengang „Städtebau und Architektur“ setzt sich dabei demnächst unter dem Titel „RechenzenTurm“ gestalterisch mit der „Fusion von barocker Rekonstruktion und DDR-Verwaltungsgebäude“ auseinander, wie die Initiatoren mitteilten. Es gehe um ein Miteinander des Rechenzentrums und des Turms der Kirche. Erste Ideen seien für den Sommer zu erwarten, hieß es.
Wie lange können die Kreativen das Rechenzentrum nutzen?
Wie berichtet müsste das 2015 als Künstlerrefugium eröffnete Rechenzentrum abgerissen werden, wenn das Schiff der Garnisonkirche gebaut wird. Da das aber in den Sternen steht, lässt das Rathaus gerade Szenarien für eine längerfristige Nutzung des Rechenzentrums über 2018 hinaus durchspielen. Zugleich war 2016 bekannt geworden, dass die bislang als Ausweichobjekt gehandelte Husarenkaserne an der Schiffbauergasse anders als gedacht über deutlich weniger Kapazitäten verfügt als das aktuell von mehr als 200 Kreativen genutzte Rechenzentrum.
In dem Kurs werde auch über die Option nachgedacht, das Rechenzentrum als eine Art Kirchenschiff zu nutzen, verbunden mit dem Turm, bestätigte die Sprecherin des Zentrums, Anja Engel: „Das wäre ein starker Ort für Versöhnung.“ Stiftungssprecher Eschenburg betonte, der Wiederaufbau des Turms in historischer Gestalt lasse sich „nicht anders denken“. Das Rechenzentrum als Kirchenschiff zu nutzen gehe aus seiner Sicht nicht. „Wir sind aber neugierig, was junge Menschen in ihrer Kreativität entwickeln.“
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: