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Startup. GFZ-Chef Hütl und Harald Schuh und GFZ-Departmentleiter Harald Schuh verfolgen den Start der Rakete.

© A. Klaer/dpa

Landeshauptstadt: Mission im Weltall

Das Satelliten-Trio Swarm des Potsdamer GFZ zur Erforschung des Erdmagnetfeldes startete am Freitag

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Potsdam/ Plesszek - Vor dem großen Hörsaal auf dem Telegrafenberg steht ein Übertragungswagen. Die Satellitenschüssel zeigt nach Nordosten. Vier dicke Kabel laufen in das Gebäude, drinnen warten gut 200 Wissenschaftler und Gäste auf das große Ereignis. Im russischen Plessezk soll am Freitagmittag eine Rockot-Rakete ins All starten, mit an Bord drei Swarm-Satelliten, eine Mission zur Erkundung des Erdmagnetfeldes unter Federführung des Geoforschungszentrums (GFZ). Die Satellitenschüssel vor dem Gebäude empfängt Daten von der Europäischen Weltraumbehörde ESA aus Darmstadt, wo die zentrale Veranstaltung zum Start stattfindet.

In Potsdam steht GFZ-Chef Reinhard Hüttl auf dem Podium und erklärt, was die Swarm-Mission (Schwarm) zur wichtigsten Mission nach dem erfolgreichen Champ-Satellit macht. Die Forscher wollen mehr über eines der geheimnisvollsten Phänomene unseres Planten erfahren, über das Erdmagnetfeld. Wieso es seit rund 150 Jahren zunehmend schwächer wird, ob dies seine Umpolung einleitet, und vor allem, was die Veränderungen des Schutzschildes, der vor gefährlichen Sonnenteilchen und kosmischer Strahlung schützt, für Folgen haben wird.

Dann wird nach Darmstadt geschaltet. Nur noch eine halbe Stunde bis zum Start. Im Gegensatz zur Potsdamer Veranstaltung läuft dort nicht alles rund. Eine ESA-Moderatorin fragt den Reporter im russischen Plessezk, was es dort Neues gibt. Der hört sie nicht, starrt nur verdrossen in die Kamera. Dann schaltet die Übertragung auf die Rakete. Es ist nichts zu sehen außer zwei grellen Lampen. „Wir können nicht viel sehen, es ist recht neblig dort“, sagt die ESA-Moderatorin. In Potsdam erheitertes Gelächter im Saal. Das Ganze erinnert in seiner unfreiwilligen Komik an eine Monty-Python-Parodie.

Unbesehen davon steigt die Spannung. In Potsdam wird um 12.55 Uhr noch schnell ein Expertengespräch eingeschoben. 13.02 Uhr soll der Start sein. Die Moderatorin im GFZ schaut immer wieder nervös zur Regie. Sie höre gerade, dass die Live-Schaltung gleich wieder steht. Um 12.58 Uhr ist immer noch nichts zu sehen. Dann geht alles ziemlich schnell. Plötzlich sind die Bilder vom Kosmodrom Plessezk da, die zwei grellen Lampen an der Startrampe im dichten Nebel. 13.01 Uhr, der Countdown läuft, man hört ein leises Grummeln. Die Zeit verrinnt. Müsste die Rakete nicht schon gestartet sein? Die Mission war bereits zuvor wegen technischer Probleme verschoben worden. Doch dann plötzlich der grelle Strahl, um 13.02 Uhr und 15 Sekunden schiebt sich die Rockot-Rakete mit glühendem Schweif aus dem Bild. Dann ist nur noch der graue Nebel zu sehen. Erleichterung und Jubel in Potsdam. Jetzt heißt es warten: 90 Minuten, bis die drei Satelliten in die Erdumlaufbahn gebracht sind. Dann erst, nach der Kontaktaufnahme, ist die Mission erfolgreich.

Das Erdmagnetfeld hat sich vor 780 000 Jahren das letzte Mal umgepolt. Durchschnittlich kommt es alle 250 000 Jahre dazu. Also ist die Sache seit einer halben Million Jahre schon überfällig. Auch wenn es erst in einigen Jahrhunderten so weit sein dürfte, Industrie und Forschung wollen heute wissen, wie Mensch und Technik auf die Situation vorbereitet werden können. Und das dürfte nun mit der Swarm-Mission gelingen. Denn um 14.37 Uhr meldet die Bodenstation, dass alle drei Satelliten sich problemlos von der Trägerrakete getrennt haben – und der Funkkontakt hergestellt wurde.

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