zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Mit Goethe nach Weißrussland

Filmkulisse war die Goethe-Schule oft – Mittwochabend waren Film- und Fernsehpromis zu Besuch

Stand:

Babelsberg - Eigentlich hat sie den Titel „Filmschule“ verdient. Wie oft die Babelsberger Goethe-Schule, die gerade 100. Geburtstag feiert, schon zur Filmkulisse wurde, hat Lehrerin Sabine Abraham aber noch nicht gezählt. Beispiele hat die Deutsch- und Geschichtslehrerin dagegen sofort parat: „Clown Ferdinand“ aus den 60er Jahren oder „Mit Leib und Seele“ aus den 80ern. Auch Serien-Lehrer Doktor Specht alias Robert Atzorn unterrichtete in Babelsberg. Zum gestrigen Filmabend im Rahmen der Festwoche zum Geburtstag erwarteten die Schüler und Lehrer den Regisseur Andreas Dresen, der hier 1997 „Raus aus der Haut“ drehte.

Filmisch war es in der Goethe-Schule bereits am Abend zuvor zugegangen, da stand eine Lesung auf dem Programm. Prof. Thomas Schmidt, Ex-Goethianer und Darsteller des kleinen Muck im gleichnamigen Defa-Film von 1953, war einer der Vorleser. Mit dem Schauspieler Achim Wolff („Salto Postale“), dem RBB-Moderator Harald Pignatelli, Filmmuseums-Chefin Bärbel Dalichow und Gretel Schulze, der künstlerischen Leiterin des Kabaretts „Obelisk“, war der Lese-Abend in der Aula prominent besetzt. Etwa 200 Besucher kamen in das Gebäude in der Stephensonstraße. Schüler waren kaum darunter: „Ich dachte natürlich, hier sind junge Menschen“, bemerkte Bärbel Dalichow trocken, ehe sie aus Goethes „Meister“ vorlas. Die Filmmuseumschefin wählte dabei – wie die vier anderen Leser vor ihr – einen persönlichen Zugang zum Werk des Literaturklassikers und las zuerst aus einem Text des Autors Thomas Brussig („Wir sind Helden“), in dem er beklagt, dass Goethe heute „in Zitaten schockgefroren“ sei.

Achim Wolff schlüpfte für zwanzig Minuten in die Rolle von Goethes Vater, dem Juristen Johann Caspar Goethe. Eindrücklich zeichnete er nach, wie der anfängliche Stolz auf den hochbegabten Sohn immer mehr in Befremden, Wut und Angst umschlägt, als der Sohn seine eigenen Wege geht.

Harald Pignatelli wiederum hat sogar den Namen seines Vaters abgelegt, wie er dem Publikum erklärte: Weil es einen „Harald Schmidt“ in der Fernsehbranche schon gab, entschied er sich für den italienischen Mädchennamen seiner Mutter. Passend dazu las er Goethes Reiseberichte aus Venedig und Rom.

Mit einer Reisegeschichte aus Weißrussland unterhielt Gretel Schulze die Gäste: Ihr Theaterkollege habe beim Gastspiel in Minsk ein Goethe-Gedicht vortragen wollen – besonders langsam, um für die ausländischen Ohren verständlich zu sein. Als er auf den Titel „Wandrers Nachtlied“ allerdings eine zu lange Pause folgen ließ, sei ihm der Text „geschlossen aus dem Saal souffliert“ worden, berichtete Schulze: „Über allen Gipfeln ist Ruh ...“ Der Trick funktionierte dann auch beim Potsdamer Publikum.

Thomas Schmidt schließlich erzählte von der Rührung Goethes, als er im hohen Alter an den Ort zurückkehrte, wo er das „Nachtlied“ einst geschrieben hatte. Für den Muck-Darsteller war die Lesung selbst eine Rückkehr. Er hatte von 1951 bis 1955 auf der Schule gelernt. Eine „Filmschule“ war es schon damals: Sei doch der Musiksaal im legendären Rühmann-Film „Die Feuerzangenbowle“ zu sehen, wie Schmidt sich erinnerte.

Die Filmgeschichte der Schule aufzuarbeiten, ist für Lehrerin Abraham ein denkbares Ziel fürs nächste Goethe-Jubiläum: 2011 wird das zweite Gebäude der Schule 100 Jahre alt.Jana Haase

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })