
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: Mit Karpfen und Rollmops durch die Silvesternacht
Was essen die Potsdamer zum Jahreswechsel? Nach dem Gänsebraten kommt Leichtes auf den Tisch
Stand:
Am Eingang zu Park Babelsberg steht ein Häuschen mit Garten. Zwei Gänse, die dort im Garten gehalten werden, haben die Festtage glücklich überstanden und schnattern immer noch. Vorerst scheint die Gefahr gebannt – denn über den Jahreswechsel Geflügel zu essen ist traditionell eher ungewöhnlich. Dann fliegt das Glück mit dem Federvieh davon, heißt es. Ob nun deshalb allerorts gern Fisch und Meeresfrüchte zu Silvester und Neujahr aufgetischt werden oder weil in der kalten Jahreszeit sich diese Ressource besser frisch halten ließ, auch ohne Kühlschrank – wer weiß. Manche schätzen nach der weihnachtlichen Völlerei einfach nur die Leichtigkeit eines Fischgerichts – auch wenn die ungesättigten Fettsäuren, die gegen Winterdepression helfen sollen, natürlich nur in besonders fettem Fisch wie Lachs, Makrele oder Hering stecken.
Steffen Specker, Koch und Inhaber des Restaurants Speckers Landhaus, kann sich noch an die Familientradition eines Silvesterkarpfens erinnern: „Morgens früh um sechs musste man sich dafür an der Kaufhalle anstellen, und später schwammen die Tiere in der Badewanne“, sagt Specker. Heute hat sich das Anstellen erledigt, und lebendige Exemplare werden auch nicht mehr über den Tresen gereicht – aus Tierschutzgründen.
Mit frischem Fisch aller Art versorgt Fischer Mario Weber die Potsdamer. Zander, Lachs, Aal und Wels gibt es auf dem Fischerhof, geräuchert oder frisch, und auch Karpfen, ein Fisch, der ursprünglich aus Asien nach Europa kam. Diesen holt Weber allerdings nicht direkt aus der Havel vor seiner Haustür – sondern aus Zuchtteichen. Auch Alexander Wendland vom Fischrestaurant „Der Butt“ wird von Weber beliefert. Jetzt im Winter bereitet er gern Karpfen zu. „Das Image von diesem vielseitigen Fisch müsste dringend entstaubt werden“, sagt Wendland. Er mag die großen Kerle, richtige Familienfische, in vielen Zubereitungsvarianten. Doch nicht jeder kann mit dem Süßwasserfisch etwas anfangen. Und was sich hinter dem Rezept Karpfen blau verbirgt, wissen die wenigsten.
Im Bayrischen Haus kocht das Team um Chef Alexander Dressel auch Fisch, Garnelen, Wild und eine exotische Entenvariation. Steffen Specker verarbeitet Thunfisch und Hummer, Carsten Rettschlag vom Restaurant Juliette wird heute Abend Kaninchen, Atlantik-Steinbutt und Linumer Kalb zubereiten – keinen Karpfen zwar, aber immerhin kann hier das Glück nicht wegfliegen.
Die Silvesterklassiker für große gesellige Runden, Raclette und Fondue, sieht Rettschlag langsam verschwinden. Vermehrt gehe wohl zu den Feiertagen jeder seinen eigenen Vorlieben nach. Bei Familie Rettschlag gibt es ein Salatbuffet mit deftigen Bouletten und Würstchen. Und es sei richtig, dass Rollmöpse gegen den Neujahrs-Kater helfen, sagt der Koch. Wegen des hohen Eiweißgehalts werde der Alkohol schneller abgebaut.
Der Fischerhof von Mario Weber, Große Fischerstraße 12, (Hinter der Stadtmauer) ist heute von 10 bis 14 geöffnet
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