
© Andreas Klaer
Berlin-Brandenburger Juniorenwaldarbeitsmeisterschaft: Mit kreischender Säge
Bei der Juniorenwaldarbeitsmeisterschaft in der Waldarena ging es um die Kunst des Sägens. Nur zwei der 13 Wettstreiter waren weiblich.
Stand:
Mit fachmännischem Blick läuft sie den Stamm ab, betastet die Oberfläche, prüft die Festigkeit der Äste. Kurz darauf schmeißt sie schon die Motorsäge an, lässt sie einen Moment laufen und dann geht alles ganz schnell. Binnen weniger Sekunden sind alle Queräste sauber entfernt, die Säge steht wieder still und Annabell Winter atmet sichtlich erleichtert tief durch. Die 23-Jährige absolviert gerade in Berlin ihre Ausbildung zur Forstwirtin und hat am vergangenen Samstag das erste Mal bei der Berlin-Brandenburger Juniorenwaldarbeitsmeisterschaft teilgenommen, bei der 13 Wettstreiter in der neu eröffneten Waldarena der Waldschule Potsdam im Wildpark angetreten sind.
Winter ist dabei eine von gerade mal zwei weiblichen Teilnehmern. Überhaupt gebe es in ihrem Ausbildungszweig wenige Frauen, weswegen in Berlin inzwischen auch die Frauenquote eingeführt wurde, wie sie erzählt. Sie selbst ist durch ihr Freiwilliges Jahr in einer Försterei auf den Berufszweig des Forstwirtes aufmerksam geworden und kann sich inzwischen kaum etwas anderes vorstellen: „Es ist einfach herrlich, immer draußen in der Natur zu sein und man geht auch sofort in die Praxis, lernt alles gleich vor Ort – von Baumfällungen bis hin zur Jungbestandspflege.“ Bei der Juniorenwaldarbeitsmeisterschaft muss Winter, die ihren Motorsägenschein schon vor Beginn der Ausbildung in der Tasche hatte, nun vor allem ihre Fähigkeiten an der Säge beweisen.
Etwa während der sogenannten „Entastung“, bei der es darum geht, einen schmalen Baumstamm von etwa 30 Ästen zu befreien. Verletzungen des Baumstammes tiefer als fünf Millimeter sowie Aststummel ab fünf Millimeter über Rinde führen zum Punktabzug. Auch fließen die Schnelligkeit und die richtige Schrittfolge mit in die Bewertung ein, Letzteres schafft Winter fehlerfrei und erreicht in dieser Kategorie 360 von möglichen 400 Punkten.
Damit liegt sie nur vier Punkte unter ihrer Mitstreiterin Michaela Wenzel, die bereits ausgelernte Forstwirtin ist und allein in diesem Jahr an acht Wettkämpfen teilgenommen hat. Die 23-Jährige absolvierte ihre Ausbildung von 2011 bis 2014 in der Oberförsterei Potsdam, hat sich als Forstmaschinenfahrerin zusätzlich qualifiziert, ist zudem Jägerin und zieht demnächst für die Arbeit nach Bernau. In ihrem Lehrjahrgang war sie damals die einzige Frau, wie sie sagt, sei die körperliche Arbeit für viele Mädchen einfach zu anstrengend. „Gleich am Anfang der Ausbildung mussten wir in der prallen Sonne mit der Sense Feuchtwiesen mähen, das geht schon an die Substanz“, so Wenzel, der es viel Spaß macht, mit lauten schweren Maschinen Präzisionsarbeiten durchzuführen „Viele geben deswegen auf – ich spare mir so das Fitnesscenter.“
Allgemein sei der Beruf des Forstwirtes aber nach wie vor sehr gefragt, wie der Leiter der Oberförsterei Potsdam, Michael Ebell sagt. Auf 30 Stellen im Land Brandenburg kämen 100 Bewerbungen, allerdings dürfe der Landesbetrieb Forst Brandenburg offiziell niemanden nach der Ausbildung einstellen. „Von der Politik gibt es die Auflage, Personal zu reduzieren, von daher ist es schwierig für uns“, erklärt er. Auch die derzeit acht Potsdamer Auszubildenden würden später wahrscheinlich eher in privaten Unternehmen oder Bauhöfen unterkommen. „Nachwuchs brauchen wir trotzdem und wer beispielsweise die Zusatzqualifikation als Spezialmaschinenfahrer absolviert, hat gute Chancen, von uns übernommen zu werden“, so Ebell. Für alle, die sich über den Beruf des Forstwirtes näher informieren möchten, bietet die Waldschule auch Praxiserlebnisse in der – ebenfalls am Samstag eröffneten – Waldarena an. Kindergartengruppen oder Schulklassen können dort nach Anmeldung hautnah erleben, wie neue Pflanzen gesetzt oder Stämme fachmännisch zersägt werden.
Letzteres ist auch Thema in der Juniorenwaldarbeitsmeisterschaft, bei der die Teilnehmer neben der Entastung und einer Baumfällung noch zwei verschiedene präzise Sägeverfahren durchführen müssen. Dabei kommt es zu einem kleinen Missgeschick: Als Annabell Winter ihre Säge ansetzt, stellt sie fest, dass sie die Kette versehentlich falsch herum eingesetzt hat. Mit ein paar Handgriffen ist der Fehler schnell beseitigt und am Ende des Tages erreicht sie eine Gesamtpunktzahl von 1034 Punkten, was laut dem Potsdamer Lehrmeister Oliver Dossow sensationell gut ist. Mitstreiterin Michaela Wenzel schafft es mit 1436 Punkten sogar auf den dritten Platz. Auch den zweiten Platz belegt mit Ricardo Gill ein ehemaliger Potsdamer Auszubildender, auf den ersten Platz schafft es schließlich der aus Bielefeld stammende Jan Frederick Middel.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: