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Landeshauptstadt: Mit Populismus zur Wahl

Die Potsdamer Alternative für Deutschland ist gegen Flüchtlingswohnungen am Stern und im Staudenhof

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Provozierende Thesen im Kommunalwahlkampf: Der Kreisverband der Alternative für Deutschland (AfD) will in Potsdam möglichst keine neuen Flüchtlinge mehr aufnehmen. Eine dezentralere Unterbringung von Asylbewerbern in Regionen Brandenburgs mit Wohnungsleerstand sei die bessere Lösung, heißt es in dem erst vor wenigen Tagen verabschiedeten Wahlprogramm der Partei.

Für den an der Universität Potsdam arbeitenden Politikwissenschaftler Thomas Tuntschew besitzen solche Forderungen eindeutig rechtspopulistische Merkmale, wie er den PNN nach einer Analyse des Programms sagte. Unter anderem bezieht sich Tuntschew bei seiner Einschätzung auf Passagen, wonach die AfD als bisher einzige Partei in Potsdam die geplanten Flüchtlingswohnungen im Wohngebiet Am Stern verhindern will. Auch die von der Stadt geplante Unterbringung von Asylbewerbern im Staudenhof lehnt die AfD ab. Dadurch werde der ohnehin schon gering vorhandene Wohnraum in der Innenstadt weiter dezimiert, so die AfD. Tuntschew sieht solche Aussagen kritisch: „Wie weit ist es um das Bekenntnis der AfD zum Asylrecht bestellt, wenn gleichzeitig in Diskussion befindliche Standorte für Asylsuchende als ungeeignet disqualifiziert werden – ohne echte Alternativen anzubieten?“, fragt der Politologe.

Der Potsdamer AfD-Sprecher Dennis Hohloch weist den Vorwurf des Rechtspopulismus von sich. Allerdings räumte er ein, dass das am Sonntag zur Wahl stehende Stadtparlament gar nicht darüber entscheiden kann, dass für Potsdam bestimmte Flüchtlinge in anderen Städten Brandenburgs unterkommen. Man schließe sich laut Hohloch lediglich Forderungen der Landespartei an, die Verteilung von Flüchtlingen dezentraler zu organisieren – statt die Asylbewerber in Stadtteilen unterzubringen, die zu fast 100 Prozent bevölkert seien und zusätzliche Neubauten zu errichten.

Ferner erklärt die AfD in ihrem Programm, man blicke mit Sorge auf einige Potsdamer Stadtteile: Es dürften sich keine Problemviertel und Parallelgesellschaften wie in anderen deutschen Großstädten ausbilden, da dies einer Integration im Allgemeinen nicht zuträglich sei. Die Einschätzung beziehe sich vor allem auf den Schlaatz und Drewitz, so Hohloch, ein 25 Jahre alter Lehramtsstudent, der in der Waldstadt für die Partei antritt.

Potsdams Integrationsbeauftragte Magdolna Grasnick sagte den PNN auf Anfrage, die genannten Stadtteile seien allgemein als Viertel mit besonderem Förderbedarf bekannt. Die Stadt unterstütze diverse Sozialprojekte vor Ort. Parallelgesellschaften gebe es jedoch keine, sagte Grasnick – sondern vielfältige Stadtteile wie den Schlaatz mit 83 Nationalitäten. Zugleich verwies sie auf das besondere Potsdamer Modell, nach dem Flüchtlinge zur besseren Integration Tür an Tür mit alteingesessenen Anwohnern wohnen. Politologe Tuntschew verwies darauf, dass sich die Potsdamer AfD in ihrem Programm in tendenziöser Rhetorik gegen „Scheinasylanten“ oder „Zuwanderung in die Sozialsysteme“ positioniere.

Die AfD tritt zur Kommunalwahl in allen Potsdamer Wahlkreisen an – und spricht sich etwa gegen höhere Grundsteuern und eine nicht näher ausgeführte „deutliche Reduzierung“ des angesichts steigender Schülerzahlen nötigen Schulneubaupakets aus. Schon bei der Bundestagtagswahl erreichte die Partei in Potsdam aus dem Stand 5,2 Prozent, in Fahrland, in Marquardt und in der Waldstadt II sogar Werte um die acht Prozent. Bundesweit setzt sich die Partei gegen den Vorwurf des Rechtspopulismus zur Wehr. Parteichef in Potsdam ist der Anwalt Thomas Jung, der nach eigenen Angaben bis 2011 für ein knappes Jahr Mitglied in der islamkritischen Partei „Die Freiheit“ war. Ihm sei die Ausrichtung zu monothematisch gewesen, sagte Jung den PNN – seine libertären Ziele hätten sich nicht einmal ansatzweise durchsetzen lassen.

* In einer früheren Version dieses Textes hieß es unter Bezug auf eine frühere Pressemitteilung der AFD, sie trete nur in fünf der sechs Potsdamer Wahlkreise an. Das ist falsch. Richtig ist, dass die Partei in allen Wahlkreisen Potsdams antritt. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.

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