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PNN-Serie "Das neue Potsdam": Am Upstall Süd: Mittendrin und doch am Rand

Die Wohnsiedlung Am Upstall Süd bietet viele Wohnungstypen mitten im Grünen. Manche Anwohner vermissen dennoch .

Potsdam wächst rasant, überall in der Stadt schießen neue Wohnviertel empor. Doch wie lebt es sich dort eigentlich? Die PNN besuchen die Quartiere und stellen sie in der Serie „Das neue Potsdam“ vor.

Heute: Am Upstall Süd (Folge 20)

Schaut man aus Luft auf das neue Wohngebiet Am Upstall Süd, fällt auf, dass die Straßen im Wohngebiet fast nie geradeaus verlaufen. Immer ist eine leichte Biegung drin. Wie es typisch ist in geplanten Vorstadtsiedlungen. Meist gibt es auch nur eine oder zwei Verbindungen zu einer Hauptstraße. Das soll den Durchgangsverkehr aus dem Viertel raushalten. Auch dass sich die Nebenstraßen manchmal verzweigen und dennoch denselben Namen haben, verwirrt ortsfremde Autofahrer. Anwohner kennen sich aus und schätzen die Ruhe.

Im vergangenen Jahr ist das Wohngebiet Am Upstall Süd fertiggestellt worden. Zwischen dem alten Dorfkern von Fahrland und dem Wohngebiet Eisbergstücke hat das Immobilienunternehmen Semmelhaack 270 Wohnungen und 150 Eigenheime errichtet. Es ist das jüngste Bauprojekt des seit den 1990er-Jahren in Potsdam aktiven Unternehmens in Fahrland. Ringsum gibt es viel Grün. Irgendwo Richtung Waldrand soll der geografische Mittelpunkt Brandenburgs liegen. Die Mischung aus Zwei- und Dreizimmerwohnungen und verschiedenen Typen von Eigenheimen soll auch für eine gemischte Nachbarschaft sorgen, so das Unternehmen. Offenbar trifft man damit den Bedarf. Fast alle Wohnungen und Häuser sind bereits bezogen.

Tatsächlich trifft man beim Gang durch das Viertel an einem kalten Montagvormittag auf Menschen aller Altersgruppen – abgesehen von schulpflichtigen Kindern: Jüngere machen sich auf den Weg zur Arbeit nach Berlin oder Potsdam, ältere tragen ihre Einkäufe aus dem Supermarkt in der Von-Stechow-Straße nach Hause. Man ist unterwegs. Zum Verweilen gibt es ohnehin keinen Ort, denn das Wohngebiet ist eben zum Wohnen da.

Zur Arbeit muss auch Maurice Wenzig. Vorher führt der 25-Jährige noch seine Französischen Bulldogge Timber eine Runde um den Block. „Ich vermisse hier nichts“ sagt er. Man könne einkaufen. Mehr brauche er nicht. Und wenn man etwas unternehmen wolle, sei man mit dem Auto schnell in Potsdam oder Berlin. Wenzig ist erst im November aus Berlin in eines der Mehrfamilienhäuser in der Straße Am Upstallgraben gezogen und ist rundum zufrieden. Besonders schätzt er, dass es verglichen mit Berlin viel ruhiger sei. Und für den Hund sei das viele Grün in der Umgebung ideal.

Auch Erika Hategan findet die Wohnsiedlung gelungen. Sie ist zu Besuch, um sich um den Enkel zu kümmern. Ihre Tochter und der Schwiegersohn arbeiteten beide viel und die Kita mache schon um 17 Uhr zu, sagt sie. Die Familie sei aus Berlin zugezogen. Die Nachbarn seien sehr nett. Man sei sofort in Kontakt gekommen – in Berlin sei alles eher anonym gewesen. Außerdem brauchte man mehr Platz, schon wegen des Kindes. Der Platz habe aber auch seinen Preis. Für eine 94 Quadratmeter große Wohnung ruft der Vermieter 900 Euro Kaltmiete auf. Dennoch: Für die Familie sei das Wohngebiet ideal. Dort wohnten viele Familien, und seit dem Einzug im November 2015 habe der fünfjährige Enkel schon viele Spielkameraden gefunden. Offensichtlich haben besonders die vielen Reihenhäuser und Doppelhaushälften Mieter und Käufer mit kleinen Kindern angezogen. Zwischen den Häusern sieht man immer wieder große Spielgeräte: Rutschen, bunte Klettergerüste und Schaukeln.

Auch die junge Mutter, die den Vormittag für einen Spaziergang mit dem Kinderwagen nutzt, bestätigt den Eindruck. Für Kinder sei es nicht schlecht. Mit ihrem Mann und ihrer Tochter ist sie im vergangenen Jahr in eine Doppelhaushälfte gezogen. Wohnen könne man hier ganz gut, sagt sie. Die Natur drumherum sei reizvoll. Im Sommer könne man die Störche beobachten, die auf den feuchten Wiesen der Umgebung auf Futtersuche gehen. Der Blick ins Grüne sei unverbaut und bleibe es auch. Ob sie zufrieden sei? Das kleine Mädchen im Kinderwagen schaut in die Richtung der fremden Stimme. „Sie hat vor ein paar Tagen gelernt, skeptisch zu gucken“, sagt die Mutter. Aber auch sie selbst ist nicht so ganz froh in dem Viertel. Ohne Auto sei es ziemlich abgelegen und der Bus fahre nicht so häufig. Eigentlich wolle sie wieder wegziehen, am liebsten nach Potsdam. Dann könne man auch auf das Auto verzichten.

Gar nicht so ruhig findet Lisa Funke die Wohnsiedlung – jedenfalls in ihrem Mehrfamilienhaus. Im vergangenen Jahr ist die junge Frau in eine Zweizimmerwohnung an der Gartenstraße gezogen. Die Wände seien nicht sehr dick. Und wenn die Nachbarn am Wochenende etwas zu feiern haben, bekomme sie alles mit. Abgesehen davon jedoch gefalle ihr das Viertel. Ob etwas fehlt? Ja, sagt sie, eine Apotheke würde man brauchen.

Fast alle, die man in der Siedlung fragt, äußern diesen Wunsch. Auch ein Allgemeinmediziner wäre toll, sagen die Anwohner. Bisher gebe es weit und breit keine Arztpraxis, klagt auch ein Rentner vor dem Supermarkt. Er sei vor ein paar Monaten mit seiner Frau aus Groß Glienicke nach Fahrland gezogen. Ihr früheres Haus sei ihnen zu groß geworden. Mit dem Eintritt in den Ruhestand habe man sich verkleinern wollen und sei in der neuen Wohnsiedlung fündig geworden – aber eben nicht ganz zufrieden.

Zumindest für das Problem mit der Arztpraxis stellt Semmelhaack nun eine Lösung in Aussicht. Anfang März soll ein Allgemeinmediziner in dem Neubau an der Von-Stechow-Straße eröffnen. Auch eine ambulante Krankenpflege, eine Physiotherapie und das Büro der Firma Semmelhaack werden in das Gebäude einziehen, teilte das Unternehmen den PNN mit.

Die nächste Folge lesen Sie am Freitag.

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