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Landeshauptstadt: Monegassische Potsdam-Rallye

Gestern besuchte Prinz Albert von Monaco die Stadt – und redete in der Villa Arnim mit Matthias Platzeck bei Schwertfisch-Carpaccio über Politik

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Gestern besuchte Prinz Albert von Monaco die Stadt – und redete in der Villa Arnim mit Matthias Platzeck bei Schwertfisch-Carpaccio über Politik Von Sabine Schicketanz Für den Small-Talk hat Matthias Platzeck sich ein Geständnis zurecht gelegt. „Meine ersten West-Mark“, sagt der Ministerpräsident, „habe ich in einem Casino in Monte Carlo verspielt. Aber es war sehr schön dort.“ Das verfehlt seine Wirkung nicht. Auf dem Gesicht von Platzecks Gegenüber zeigt sich ein Lächeln. Der Brandenburger, lange Jahre ein politischer Kronprinz, hat die richtigen Worte gefunden für den Monegassen, den echten Prinzen. Anderthalb Stunden verbrachte Seine Hoheit Albert von Monaco gestern in Potsdam, angesichts des sehr engen Zeitplans für seine Besuchs-Rallye – morgens Visite in der Botschaft in Berlin, weiter in die Residenz des Botschafters, dann Potsdam, am Nachmittag „Monaco Business Forum“ in Berlin, dann Empfang bei Klaus Wowereit im Roten Rathaus und schließlich am Abend ein Konzert der Philharmonique de Monte Carlo im Berliner Dom – eine tatsächlich großzügige Einteilung. Überpünktlich war der Erbprinz, Sohn des 80-jährigen Fürsten Rainier III. von Monaco und Bruder der Prinzessinnen Caroline von Hannover und Stéphanie von Monaco, in der Landeshauptstadt eingetroffen. Acht Minuten vor 13 Uhr rollte der Limousinen-Konvoi auf den Hof des Honorarkonsulats des Fürstentums in der Jägerallee. Hier residiert gewöhnlich der ADAC Berlin-Brandenburg, dessen Chef Wolf Wegener monegassischer Honorarkonsul und damit auch Initiator der fürstlichen Potsdam-Stippvisite ist. Auf den Stufen zum Eingang der Konsulatsvilla empfangen den Prinzen zwei königliche Gardesoldaten. Standesgemäß richten Bernd Kuhl, Chef der Langen Kerls, und sein Kollege Gerd Köhler ihre Blicke streng geradeaus, während neben ihnen Albert von Monaco in die Objektive der Fotografen schaut. Dass der 45-jährige Prinz ein sympathischer Mann ist, hat Bernd Kuhl allerdings trotzdem gespürt. „Das ist ein zwischenmenschliches Gefühl, er ist dichter herangekommen und hat sich den Wünschen der Presse gestellt“, sagt der Lange Kerl. Obwohl Kuhl, im normalen Leben Schiffsführer bei der Weissen Flotte, Hoheiten öfter zu Gesicht bekommt – diese ist doch etwas Besonderes. „Wann kommt man an so einen Menschen schon mal so nah heran?“ Bevor die BMW-Kolonne mit Seiner Hoheit in Richtung Weinbergstraße abfährt, kann Albert von Monaco noch einen Blick auf einen wertvollen Oldtimer werfen, den Gerhard Gottlieb, ADAC-Vorstandsmitglied für Sport, eigens für den hohen Gast von einem Liebhaber ausgeliehen hat: Vor 30 Jahren hat der schwarze BMW an der Rallye Monte Carlo teilgenommen. „Das war die einzige, die je abgebrochen wurde“, sagt Gottlieb. Auch er selbst steckte damals am Steuer eines Rallye-Wagens im Schneegestöber fest. So unfreundlich zeigt sich der Potsdamer Winter glücklicherweise nicht. Im strahlenden Sonnenschein kann der Ministerpräsident vor der noblen Villa Arnim, Residenz des Potsdamer Industrieclubs, auf den Prinzen warten. Den Lebenslauf des Monegassen, der leidenschaftlicher Bob-Fahrer ist, im vergangenen Jahr zum fünften Mal den Bob „Monaco I“ steuerte und Wettbewerbe in 17 Sportarten bestritten hat, habe er als Vorbereitung studiert, sagt Platzeck. Dass der Prinz nach Potsdam kommt, ist für den Ministerpräsidenten mehr als nur eine willkommene Abwechslung – der Besuch ehre Brandenburg und sei Imagewerbung für den Standort, sagt er. Herbeigeeilt ist Platzeck direkt aus dem Brandenburger Landtag, wo er angesichts der „ernsten“ wirtschaftlichen Situation im Lande seine zweite Regierungserklärung abgab, direkt nach dem fürstlichen Treffen muss er wieder nach Berlin in den Vermittlungsausschuss zu den Reformgesetzen der Bundesregierung, „mein Leben spielt sich gerade ausschließlich da ab“. Was dort vor sich geht, interessiert den Prinzen nicht minder. Nachdem Albert von Monaco sich „mit ganz persönlichen Grüßen“ im Gästebuch Brandenburgs verewigt hat, zieht er sich mit Platzeck, dem Premierminister des Fürstentums, Patrick Leclerc, Innenminister Philippes Deslandes und Monacos Botschafter in Deutschland, Rainier Imperti, zu Mittagsmahl und Gespräch in eines der hinteren Zimmer der Villa Arnim zurück. Bei Carpaccio vom Schwertfisch, gebratenen Kalbsmedaillons mit Havel-Krebs in Morchelrahmsauce und zum Dessert Panna Cotta mit Rotweinkirschen – serviert vom Potsdamer Mövenpick Restaurant und zubereitet vom dortigen Chefkoch Peter von Hacht – kommen auch die „schwierigen“ politische Themen auf den Tisch. Es sei, sagt Platzeck anschließend, eine „lohnenswerte Stunde“ gewesen. Nicht nur, dass der Prinz ihn als „hochsympathisch, freundlich und mit beiden Füßen auf dem Boden“ überzeugt habe – er kenne sich zudem sehr gut aus mit der politischen Lage in Deutschland. Ganz konkret habe man sich über die Lizenzen für die UMTS-Telekommunikationstechnik ausgetauscht, die Monaco als kleinster europäischer Staat mit nur 32 000 Einwohnern bereits getestet hat. In der Unterhaltung, gesprochen wurde eine Mischung aus Deutsch und Französisch, konnten Albert von Monaco und Matthias Platzeck schließlich feststellen, dass sie sogar einen gemeinsamen Bekannten haben: Den Potsdamer Bob-Olympiasieger Kevin Kuske, den der Prinz vergangenes Jahr bei den Olympischen Spielen in Salt Lake City kennen gelernt hat. Dass sich auch der Monegasse und der Brandenburger näher kennen lernen, scheint nach der fürstlichen Potsdam-Stippvisite nur eine Frage der Zeit. „Ich komme gern ein weiteres Mal“, versichert der Prinz. Außerdem lud Seine Hoheit im Gegenzug den Ministerpräsidenten nach Monaco ein. „Diese Einladung habe ich gerne angenommen“, so Platzeck, „allerdings habe ich dem Prinzen gesagt, dass es im nächsten Jahr noch nichts wird, weil wir Landtagswahlkampf haben.“ Doch spätestens danach kann er sein Glück wieder auf die Probe stellen – diesmal auf hoheitliches Geheiß.

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