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Landeshauptstadt: Mord, Flut und Alltag

Die Potsdamer Schauspielerin Nadja Uhl zwischen Polit-Thriller, Dresen-Tragik und Millionen-Epos

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Die Potsdamer Schauspielerin Nadja Uhl zwischen Polit-Thriller, Dresen-Tragik und Millionen-Epos Von Sabine Schicketanz Hollywood lässt sich nicht so leicht abschütteln, und man ist sich nicht wirklich sicher, ob Nadja Uhl das gefällt. Sie werde, sie müsse, für die kalifornische Traumfabrik arbeiten, hieß es vor etwas mehr als einem Jahr immer wieder, nachdem die Potsdamer Schauspielerin bei der Oscar-Verleihung über den roten Teppich geschritten war. Der niederländische Film „Die Zwillinge“, in dem sie eine Hauptrolle spielt, war für die Auslandstrophäe nominiert. Er gewann sie nicht, aber immerhin kaufte Harvey Weinstein, legendärer Chef des Miramax-Studios, den Film für den US-Markt. Und fand Gefallen an der zierlichen, aber kämpferischen Blonden aus Deutschland. „Übertrieben“ nennt die jedoch Vermutungen, sie würde nun von Potsdam nach Los Angeles übersiedeln. Es habe zwar „Gespräche“ gegeben nach „Die Zwillinge“, aber keinen Vertrag – und die „Option“ passte einfach nicht in ihren Terminkalender. Denn Nadja Uhl hat in den zurückliegenden Wochen und Monaten nahezu ohne Unterbrechung gearbeitet – ein Kontrastprogramm in für sie „idealer Kombination“. Sie drehte „Mord am Meer“, ein Polit-Thriller von Regisseur Matti Geschonneck, der heute Abend im ZDF zu sehen ist. Mit dem Potsdamer Regisseur Andreas Dresen arbeitete sie an „Sommer vorm Balkon“, ein Art-House-Kinofilm nach Drehbuch von Wolfgang Kohlhaase. Und dieser Tage fiel die letzte Klappe für „Die Sturmflut“, ein 8,5 Millionen Euro teures Epos des Senders RTL, der von der großen Hamburger Flut 1962 erzählt. Gründe genug für Nadja Uhl, „super glücklich“ zu sein. Auch wegen der Regisseure, mit denen sie arbeitete. Matti Geschonneck, der „Mord am Meer“ nach Ulrich Woelks Roman „Die letzte Vorstellung“ verfilmte, sei „eine Bereicherung“. Uhl, die in den Neunzigern am Hans Otto Theater engagiert war, spielte für ihn die „junge, freche, neunmalkluge BKA-Beamtin Paula Reinhardt“, die einen mysteriösen Mordfall in einem Dorf an der Nordsee aufklären soll – gemeinsam mit Dorfpolizist Anton Glauberg alias Heino Ferch. Das so gegensätzliche Paar folgt der Spur nach Berlin, dort nimmt die Geschichte eine „tragische Wendung“, wie Uhl es nennt. Paula Reinhardt ist verwickelt in eine Ost-West-Verbindung von RAF und Stasi. Dass Nadja Uhl die junge BKA-Beamtin so kratzbürstig und burschikos geben kann, ist ihrer eigenen Durchsetzungskraft zu verdanken – denn anfangs sollte die Paula eher weiblich und verführerisch wirken. Ein ganz anderes Problem hatte die Schauspielerin mit ihrer Rolle in „Sommer vorm Balkon“. Autor Wolfgang Kohlhaase („Solo Sunny“, „Die Stille nach dem Schuss“) hatte sich „die Uhl“ für den Part der Nicole Pawelski gewünscht, die mit ihrer Freundin in einem Berliner Sommer den ganz alltäglichen Aufstieg und Fall erlebt. „Das hat mich anfänglich unter Druck gesetzt und war mir peinlich“, sagt Nadja Uhl. „Doch Andreas Dresen machte mir Mut.“ Der Film, eine „typisch tragisch-komische Dresen-Geschichte“, sei für sie eine „Ausnahmearbeit“ gewesen. Denn mit Andreas Dresen, genauso wie sie selbst „Potsdamer aus Leidenschaft“, teile sie die Lesart des Lebens. „Er ist verrückt und bodenständig zugleich, um großartige Filme zu drehen – wir haben so unglaublich viel gelacht.“ Die gemeinsame Vorbereitung für „Sommer vorm Balkon“ begann für beide an langen Abenden in Potsdamer Kneipen. Dem kleinen, feinen Stoff mit geringem Budget folgte „Die Sturmflut“, ein TV-Film mit Kinoformat, der die Geschichte der großen Flut über ganz individuelle Schicksale erzählen will. Nadja Uhl spielt Katja, eine emanzipierte, aber verletzliche Krankenschwester, die sich mitten in der großen Flut zwischen zwei Männern entscheiden muss – Markus, dem wohlhabenden Arzt (Jan Josef Liefers) oder Jürgen, ihrer Jugendliebe (Benno Fürmann). „Die Dreharbeiten waren körperlich das Härteste, was ich je erlebt habe.“ Für zahllose Einstellungen stand Nadja Uhl bei Minustemperaturen in riesigen Becken brusttief im Wasser, die Maschinen bliesen den Sturm herbei und ließen den Regen fallen. „Das macht der Körper so lange mit, wie man den Kopf darauf programmiert“, sagt Uhl. Die Zusammenbrüche, die kämen erst danach. Damit es soweit gar nicht erst kommt, will sie sich im Frühjahr eine Auszeit nehmen – gemeinsam mit Lebensgefährten Kay Bockhold, der gerade nach jahrelanger Arbeit die Baustelleneröffnung des von straffällig gewordenen Jugendlichen sanierten und wiederhergerichteten Varietés „Walhalla“ in der Potsdamer Innenstadt feiern konnte. Ein Projekt übrigens, dem Nadja Uhl den „allergrößten Respekt“ entgegenbringt – auch, weil die Finanzierung nicht einfach gewesen sei. „Wie bei ,Die Zwillinge“, sieben Jahre gab es für diesen Film kein Geld, doch letztlich macht Not erfinderisch.“ Und man schafft es sogar nach Hollywood.

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