Landeshauptstadt: Morgen kommt die Mannschaft
Den roten Teppich für die Ukrainer müssen die Seminaris-Mitarbeiter noch ausrollen
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Unter normalen Umständen wäre er natürlich für Deutschland gewesen, sagt Hartmut Pirl, der Direktor vom Seminaris-Seehotel: „Aber jetzt bin ich Ukrainer!“ Klar, wem er während der Fußballweltmeisterschaft die Daumen drückt. Denn normal ist so kurz vor der Ankunft der ukrainischen Nationalelf nichts mehr.
So bekäme er derzeit täglich mehrere Briefe aus Deutschland und aus aller Welt: Spanien, Schweden und der Ukraine, die er alle in einer kleinen Kiste sammelt: „Fanpost“ – nicht für Hartmut Pirl, sondern für das Weltmeisterschaftsteam. Obwohl zumindest in der Ukraine viele Menschen den Potsdamer Hotelier mittlerweile kennen dürften. Denn der WM-Gastgeber ihres Nationalteams wurde schon groß mit Foto in der „ukrainischen Bildzeitung Fakty“ und anderen Zeitschriften vorgestellt. Und es sind bereits wieder Journalisten aus Russland eingetroffen, um pünktlich zur Fußball-Weltmeisterschaft eine Fernsehreportage über das ukrainische Mannschaftsquartier am Templiner See zu drehen.
Doch bevor die Spieler mit Weltklasse-Stürmer Andrej Schewtschenko morgen den roten Teppich vor dem Hotel an der Pirschheide betreten, haben Pirl und seine 100 Mitarbeiter noch alle Hände voll zu tun. Den roten Teppich müssen sie nämlich noch ausrollen und den Eingangsbereich mit blaugelben Fähnchen und Wimpeln schmücken. Und Zimmerdame Cornelia Hoffmann und ihre Kolleginnen müssen in den von der Fifa gebuchten 70 Zimmern Betten beziehen, frische Blumen auf die Tische stellen und die Minibars ausräumen. So der Wunsch des Nationaltrainers Oleg Blochin. Ebenso verboten wie Alkohol seien Süßigkeiten, erklärt Pirl. Die Pfeffis, die seine Mitarbeiter den Gästen sonst aufs Kopfkissen legen, wird es die nächsten Wochen nicht geben. Selbst wem die Zimmerdamen einen Obstkorb aufs Zimmer bringen dürfen, bestimme der Mannschaftsarzt. Der erhält einen eigenen Raum als „Doktor-Kabinett“ – wie die Ukrainer sagen.
Für die Sportler richten die Seminaris-Mitarbeiter Umkleideräume, einen Clubraum mit Kegelbahn, Tischfußball und Brettspielen ein. Zudem stehen den Ukrainern ein Fitness- sowie ein Besprechungsraum zur Verfügung. Spätestens nach dem ersten Vorrundenspiel gegen Spanien am kommenden Mittwoch in Leipzig wird ihnen Nationaltrainer Oleg Blochin hier das Spiel noch einmal zeigen und gnadenlos alle Fehler kommentieren, glaubt Pirl. Während Blochin und die fünf Chef-Trainer in Suiten übernachten dürfen, schlafen die 23 Spieler jeweils in einem ganz normalen Doppelzimmer. Auch für Weltstar Andrej Schewtschenko gibt“s keine Extra-Wurst. Ein bisschen aufgeregt ist Cornelia Hoffmann trotzdem. Dabei ist die Zimmerdame gut vorbereitet. Sie hat fünf Wochen lang ukrainisch gepaukt und kann „Pan Schewtschenko“ auf seiner Muttersprache fragen, ob sie jetzt die Betten machen soll oder neue Handtücher aufhängen. Voraussichtlich dreimal täglich wird Hoffmann die Badetücher wechseln, denn Sportler duschen viel. Auch das hat sie in den letzten Wochen gelernt. Aus diesem Grund hat Hoteldirektor Pirl 500 zusätzliche Handtücher für die ukrainischen Spieler gekauft.
Und wenn die ukrainischen Sportler nicht gerade am Luftschiffhafen trainieren oder duschen, können sie sich im Wellnessbereich des Hotels entspannen. Zum Beispiel im Schwimmbecken, das zu bestimmten Zeiten auch allen anderen Hotelgästen zugänglich ist – darunter laut Pirl auch Fans aus der Ukraine. Die könnten dann zumindest im gleichen Wasser baden wie ihr Idol Schewtschenko. Exklusiv den Spielern und den zwölf Trainern vorbehalten dagegen das À-la-Card-Restaurant „Feines Brandenburg“. Hier frühstücken die Fußballer zusammen mit dem Präsidenten des ukrainischen Fußballverbands FFU, Grigorij Surkis, der mit Teilen des Vorstands ebenfalls ins Seminaris zieht. Allerdings gewähren große Fenster vom Foyer aus Einblicke in den Speiseraum. Laut Pirl stehe sogar schon der Menüplan fest. „Viel Salat wird es geben und zu jedem Essen Nudeln“, so der Hoteldirektor. Seine Köche werden dabei von zwei ukrainischen Kollegen unterstützt.
Denn am Aufenthalt der Nationalelf muss eben alles stimmen, sagt Pirl. Schließlich sollen die ukrainischen Fußballer viele Spiele gewinnen und möglichst lange Gäste bleiben.
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