Von Erhart Hohenstein: Mühlenwind lässt Lampen leuchten
Mühle von Sanssouci nutzt als erste in Potsdam Windkraft zur Erzeugung von Elektroenergie
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Erstmals wird jetzt auch im Potsdamer Stadtgebiet Windkraft zur Erzeugung von Elektroenergie genutzt. Diese Pioniertat können der Geschäftsführer der Historischen Mühle, Torsten Rüdinger, und sein Müller Frederic Schüler für sich beanspruchen. Schüler hat in der Sielower Mühle in Cottbus einen Generator aus den 1920er Jahren geborgen und ihn instand gesetzt. Er wird durch die Mühlenflügel über ein Laufrad und einen Riemen angetrieben. Bläst ein guter Wind, bringt der Generator die jeweils drei nostalgischen Glasglockenlampen zum Leuchten, die der auch als Elektriker ausgebildete Müller in den Technikgeschossen installiert hat. Drehen sich die Flügel nur mäßig, reicht der Strom dafür allerdings nicht aus.
Der Einfall der „Müller von Sanssouci“ wird die Energieversorgung in Potsdam also keineswegs revolutionieren, als bloßen Gag möchten ihn die beiden aber nicht abtun. „Wir können den Besuchern, besonders auch den jungen, damit das Prinzip der Stromgewinnung aus Windkraft demonstrieren“, sagt Frederic Schüler. Dafür werde die Anlage noch mit einer Schalttafel und Erläuterungen versehen.
Torsten Rüdinger schwärmt dagegen vom milden Schein der Lampen, der die Technikräume abends in ein romantisches Licht setzt und mit den Mühlengeräuschen korrespondiert. Davon seien auch die Gäste der ersten Hochzeitsfeier beeindruckt gewesen, die vor kurzem in der Mühle stattfand. Für solche und andere Festlichkeiten und Empfänge kann das Bauwerk nunmehr nach Ende der täglichen Museumsöffnung um 18 Uhr gebucht werden.
Die eigene Stromerzeugung stellt eine Ergänzung zur überarbeiteten Dauerausstellung dar, die auf dem Galerieboden auf das Thema „Mühlen in der Gegenwart“ eingeht. Dazu zählen Informationen über moderne Windkraftanlagen. Rüdinger weist darauf hin, dass es seit kurzem einen Katalog „Mühlen - Müller - Majestäten“ zur Historischen Mühle von Sanssouci gibt, der ältere Publikationen ablöst. Ihn hat Stephan Theilig im Auftrag der Mühlenvereinigung Berlin-Brandenburg herausgegeben und bearbeitet. Die Broschüre vermittelt ergänzend zur Ausstellung Kenntnisse über die Müllerei im 18. und 19. Jahrhundert, die Mühlentechnik, die Geschichte der 1797 errichteten Holländermühle und die Legende vom „Müller von Sanssouci“, die sich um das Vorgängerbauwerk rankt.
Neben der Produktion von Mehl, daraus hergestellte Backwaren werden im hauseigenen Shop angeboten, ist die Historische Mühle mit der Aufnahme der Elektroenergieerzeugung nunmehr zu einer „Zweifachmühle“ geworden, sagt Torsten Rüdinger augenzwinkernd. Frederic Schüler ist inzwischen dabei, zur als „Dreifachmühle“ (Mehl, Öl, Sägewerk) bekannten Mühle in Straupitz (Niederlausitz) aufzuschließen. Er hat eine alte Mohnmühle aufgespürt und bringt sie wieder zum Laufen. Diese dritte Funktion soll als Dienstleistung ab der Adventszeit angeboten werden. „Dann können die Potsdamer ihren weihnachtlichen Mohnkuchen und die Mohnpielen – eine Süßspeise – zu Silvester mit in unserer Mühle frisch gemahlenem Mohn backen“, kündigt Schüler an.
Erhart Hohenstein
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