Landeshauptstadt: „Mutter war immer Dame“
Café-Inhaberin Barbara Rothenburg ist ein Kind der 50er-Jahre. Jetzt zeigt sie Familienfotos in einer Ausstellung
Stand:
Das Familienauto war ein Framo. Damit ging es im Sommer an die Ostsee. Auf dem Dachgarten war das Gepäck festgezurrt. „Was man nicht sieht“, sagt Barbara Rothenburg und zeigt auf das Schwarz-Weiß-Foto, „da ist sogar noch das Laufgitter und der Windeleimer von meinem kleinen Bruder drauf“.
Barbara Rothenburg holt zurzeit viele Erinnerungen hervor. „Meine Mutter ist jetzt 87 Jahre alt, da beginnt man wohl doch, die Mutter-Kind-Beziehung aufzuarbeiten“, sagt sie. Und als der Verein Kulturland Brandenburg dieses Jahr „Kindheit in Brandenburg“ zum Thema gemacht hat, war ihr klar, dass auch sie sämtliche Familienfotos wieder einmal hervorholen müsste. Jetzt zeigt Rothenburg ab dem morgigen Freitag in ihrem Café in der Gutenbergstraße ihre eigenen Kindheitsfotos. „Meine Kindheit in den 50er Jahren“, hat sie die Auswahl genannt.
Die Bilder stammen aus zehn dicken Fotoalben. Bei Rothenburgs wurde immer viel fotografiert. Der Vater, Kriegsheimkehrer, war stolz auf seine Familie, vor allem auf seine Mädels. Barbara hatte eine große und kleine Schwester und einen kleinen Bruder. Der ist auf dem meisten Bildern kaum zu sehen, auch weil das Zeitfenster mit der Einschulung der mittleren Tochter endet. „Wir Mädchen waren natürlich niedlich“, sagt Rothenburg. Die Mutter war geschickt, konnte gut nähen, in den Fünfzigern nicht das Schlechteste. Aus einem Damenkleid – „die waren ja damals schön weit“ – nähte sie drei identische Mädchenkleider. Man unterschied zwischen Sonntags- und Alltagsgarderobe, auch das beweisen die Fotos. Sonntagsspaziergang der Familie, in Lackschuhen und mit weißen Söckchen.
Stets adrett auch die Mutter. „Mutter war immer Dame, trotz der vier Kinder“, sagt Barbara Rothenburg. Das Familienporträt zeigt sie, die Haare schick frisiert, die Garderobe perfekt. Der Vater im Anzug, makellos. „Das war die Zeit, als die Männer auch noch schön aussahen“, sagt Barbara Rothenburg und seufzt.
An solche Fotomomente kann sie sich noch gut erinnern. Für eine Aufnahme mit der Plattenkamera hatte man nur eine Chance, da hieß es für alle im selben Moment nett schauen und lächeln. „Vater hatte auch ein Gespür, wie er uns hinstellen musste, was gut aussah. Das haben wir dann eben gemacht“, sagt sie. „Extra für die Fotos gepost haben wir nicht, aber wir haben uns durchaus gefreut, wenn wir mal die volle Aufmerksamkeit unseres Vaters hatten. Der hat ja immer viel gearbeitet“, sagt Rothenburg.
Es gab aber auch den Freizeit-Vater, der mit zwei Mädels auf dem Rad unterwegs war, und die aufregenden Momente, wenn Besuch mit dem Motorrad kam und die kleine Barbara auf den Beiwagen klettern durfte, Spielen mit Modderpampe bei Oma im Hof, Vorlesestunde am Wohnzimmertisch.
Daneben zeigt Rothenburg viele Straßenszenen, ein Pulk Nachbarskinder zusammen vor dem Zaun, beim Ausflug auf dem Pferdewagen. Dann die Einschulung. „Ich hatte eine sehr schöne Kindheit“, sagt Rothenburg über die Jahre in Luckenwalde. Heute schaut sie sich die Bilder an und kann sich sogar noch an Einzelheiten wie Farben erinnern – dass eine bestimmte Strickjacke eben dunkelrot und jener Angora-Pullover rosafarben war.
„Als ich von Zuhause wegging, bekam ich von meiner Mutter ein Fotoalbum, das sie für mich gemacht hatte. Und als mein Sohn auszog, hat er eins von mir bekommen“, sagt sie. So ein Buch zum in die Hand nehmen, das sei doch etwas ganz anderes, als sich durch eine digitale Dateienliste zu klicken.
Jetzt will sie diese Erfahrung, diese Erinnerungen an ihre Vergangenheit, auch anlässlich ihres diesjährigen 60. Geburtstags teilen. Der Potsdamer Grafiker Bernd Chmura hat die Fotos für die Ausstellung bearbeitet. Zur Ausstellungseröffnung will sogar ihre Mutter kommen.
Barbara Rothenburg selbst hat durch das Hobby ihres Vaters später auch zu fotografieren begonnen – mit mäßigem Erfolg, sagt sie. „Irgendwann merkte ich, dass ich eine grottenschlechte Kamera hatte.“
Ausstellungseröffnung am morgigen Freitag um 20 Uhr im Café Rothenburg, Gutenbergstraße 33
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: