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Links und rechts der Langen Brücke: Nach links

Sabine Schicketanz über Potsdams Sozialdemokraten, die gern Vorreiter für eine rot-rote Koalition in Brandenburg gewesen wären

Stand:

Brandenburgs Landeshauptstadt, regiert von einer rot-roten Koalition im Stadthaus? Angesichts der Potsdamer Verhältnisse versetzen diese Planspiele der Sozialdemokraten in Erstaunen. Doch der SPD in der Landeshauptstadt ist es offenbar ernst mit der Annäherung an die Linke. Nachdem die Sozialdemokraten die SED-Nachfolgepartei über Jahre zum Feindbild erklärt, ihr eine Politik der Spaltung vorgeworfen hatten, wird selbst Oberbürgermeister Jann Jakobs dieser Tage nicht müde zu beteuern, dass die SPD sich nach der Kommunalwahl vor einem Jahr gern mit den Linken zusammengetan hätte. Ein politischer Schachzug?

Die Linke jedenfalls beteuert nicht nur, bei ihr sei ein Koalitionsangebot der SPD nie angekommen – der starke Mann der Potsdamer Linken, Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg, sagt sogar, es habe nie eines gegeben.

Warum also zettelt die SPD, die sich obendrein in der großen Stadtkoalition aus CDU /ANW, Familienpartei / FDP und Grünen befindet, nun eine solche Debatte an? Das neue rot-rote Bündnis auf Landesebene, derzeit in Koalitionsverhandlungen, ist dafür höchstens ein willkommener Anlass. Aber keine Erklärung. Die liegt offenbar in den komplizierten Potsdamer Machtverhältnissen. In der Stadtverordnetenversammlung hat die Linke bei der Kommunalwahl ihre Dominanz als stärkste Fraktion untermauert. Es geht also nur mit ihr – oder gegen sie, wenn (fast) alle anderen sich zusammentun. Resultat ist die von der SPD geschmiedete Stadtkooperation. Doch diese, so scheint es nun, ist nur ein Zweckbündnis. In Wahrheit hätte die SPD lieber gemeinsame Sache mit der Linken gemacht. Das hätte aus Perspektive der Sozialdemokraten, die bereits über Jahre mit einem Oberbürgermeister ohne eigene Mehrheit im Parlament die Stadt regieren, entscheidende Vorteile: Rot-Rot bedeutet eine deutliche, sichere Mehrheit, während Abweichler in der jetzigen Stadt-Kooperation geradezu programmiert sind. Auch lassen sich die derzeitigen Bündnispartner ihren Zusammenhalt und die Unterstützung des Oberbürgermeisters sicherlich gern mit Zugeständnissen versüßen. Außerdem ist schon lange klar: Die Stadt-Kooperation hat nur eine begrenzte Lebenszeit. Nach der Potsdamer Oberbürgermeisterwahl, die im Herbst 2010 stattfindet, werden die Karten neu gemischt.

Dafür will die SPD offenbar gewappnet sein. Und die Linke? Die Genossen können sich einigermaßen entspannt zurücklehnen. Denn selbst wer den harten Kurs von Fraktionschef Scharfenberg nicht befürwortet, muss konstatieren: Seine teilweise kompromisslose, manchmal auch polemische Sachpolitik überzeugt viele Potsdamer. Dies wird sich auch bei der Oberbürgermeisterwahl nicht ändern, wenn der Kandidat wieder Scharfenberg heißt.

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