zum Hauptinhalt
Vier Stelen erinnern an die Getöteten.

© MANFRED THOMAS TSP

Nach Morden am Oberlinhaus in Potsdam: Mitarbeiterin wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen angeklagt

Eine Mitarbeiterin soll schwerstbehinderte Bewohner des Oberlinhauses geschlagen haben und ihnen weitere Körperverletzungen zugeführt haben. Der Prozess am Amtsgericht Potsdam beginnt am 27. Mai.

Stand:

Wenige Tage nach dem vierten Jahrestag der vier Morde im Thusnelda-von-Saldern-Haus wird der nächste Gewaltvorwurf am Oberlinhaus in Potsdam bekannt: Eine Mitarbeiterin soll in insgesamt acht Fällen gewalttätig gegenüber ihr anvertrauter, schwerstbehinderter Bewohner des Eckard-Beyer-Hauses, einer Wohnstätte für taub blinde Erwachsene, geworden sein und ihnen diverse Körperverletzungen wie Schläge und Kopfüberstrecken zugeführt haben.

Am 27. Mai beginnt der Prozess am Amtsgericht Potsdam. Der Vorwurf lautet Misshandlung von Schutzbefohlenen.

Mittels Gewalt soll die 56-jährige, verantwortliche Mitarbeiterin der Wohnstätte, versucht haben, Bewohnerinnen und Bewohner zu bestimmten Verhaltensweisen anzuhalten, sagte Amtsgerichtssprecher Oliver Kramm. Als Beispiel nennt er einen Fall, bei dem die Angeklagte aus Potsdam einen stummen Bewohner mit Autismus-Spektrum-Störung angeschrien, beleidigt, geschubst und mehrmals am Arm geschlagen haben soll, nachdem dieser vor der gemeinsamen Mahlzeit schon etwas von dem Essen nehmen wollte.

Ihr soll bewusst gewesen sein, dass sie auf das Verhalten des Bewohners aufgrund dessen Behinderung nicht einwirken konnte. Sie soll „aus gefühlloser, fremdes Leid missachtender Gesinnung“ gehandelt haben.

Angeklagt in acht Fällen

Die acht Fälle beziehen sich auf den 13. Oktober 2023 sowie weitere nicht rechtsverjährte Zeitpunkte und betreffen unter anderem Vorfälle bei der Essensaufnahme sowie beim Baden. Als man beim Sozialträger Oberlinhaus Anfang 2024 von den Vorwürfen erfahren habe, habe man die Aufsichtsbehörde für unterstützende Wohnformen informiert, sagte Andrea Benke, Sprecherin des Oberlinhauses. Zudem wurden arbeitsrechtliche Schritte gegen die seit 2014 in der Wohngruppe tätige Mitarbeiterin eingeleitet. Weitere Angaben machte Benke aufgrund des laufenden Verfahrens nicht.

Am 27. Mai werden vier Zeuginnen und Zeugen vor dem Schöffengericht gehört, unter anderem eine Kollegin der Angeklagten, ein Polizeibeamter sowie eine Mitarbeiterin des Landesamtes für Soziales und Versorgung. Bisher ist ein Hauptverhandlungstag angesetzt, bei dem gegebenenfalls bereits das Urteil fällt, so Sprecher Kramm.

Morde vor vier Jahren

Deutschlandweit war das Oberlihaus vor vier Jahren wegen mehrere Morde in die Schlagzeilen geraten. Am 28. April 2021 hatte die langjährige Pflegekraft Ines R. in einer Wohngruppe im Thusnelda-von-Saldern-Haus vier schwerbehinderte Menschen mit einem Messer getötet. Eine Bewohnerin überlebte schwer verletzt. Im Dezember 2021 wurde die Täterin am Potsdamer Landgericht wegen vierfachen Mordes und mehrfachen versuchten Mordes sowie der Misshandlung von Schutzbefohlenen zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })