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Landeshauptstadt: Nachschlag für den Ex-Boss

Peter Paffhausen war vor einem Jahr als EWP- und Stadtwerke-Chef gefeuert worden. Nun hat er wohl Anspruch auf eine Abfindung. Das wirft neue Fragen auf

Stand:

Der ehemalige Stadtwerkechef Peter Paffhausen hat gute Chancen auf erhebliche Nachzahlungen des Stadtwerke-Tochterunternehmens Energie und Wasser Potsdam (EWP), das er ebenfalls führte: Nach PNN-Informationen stehen ihm bis zu 1,4 Millionen Euro an Abfindung seines einstigen Arbeitgebers zu. Paffhausen hat das mehrheitlich städtische Unternehmen EWP auf Zahlung dieser Summe verklagt.

Der Fall liegt beim Landgericht, das jetzt zugunsten des Ex-Geschäftsführers Stellung bezogen hat: In einem sogenannten rechtlichen Hinweis legt der zuständige Richter Theodor Horstkötter der EWP dringend eine außergerichtliche Einigung mit ihrem Ex-Boss nahe. Nach PNN-Informationen verhandeln beide Seiten derzeit darüber. Es werde damit gerechnet, dass Paffhausen etwas mehr als eine Million Euro erhält, hieß es. Einen Prozess würde es dann nicht mehr geben.

Die Abfindung war Paffhausen am 20. Mai 2011, dem Tag seines Rücktritts wegen der sogenannten Spitzel-Affäre, vertraglich vom EWP-Aufsichtsrat zugesichert worden. Ausgehandelt hatte den Abfindungsvertrag maßgeblich der damalige EWP-Aufsichtsratschef, Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). Nachdem im Nachgang immer mehr Vorwürfe gegen Paffhausen erhoben und weitere Verfehlungen bekannt geworden waren, war Paffhausen am 21. Juni 2011 nachträglich gekündigt und die Zahlung der Abfindung verweigert worden.

Das Landgericht hat in dem richterlichen Hinweis nun mitgeteilt, den Argumenten der EWP für die Aberkennung der Abfindung nicht folgen zu können. Grund für den wahrscheinlichen Anspruch Paffhausens auf seine Abfindung wären demnach Fehler bei der Trennung und dem von Jakobs mit ausgehandelten Abfindungsvertrag: Dieser Vertrag, so Richter Horstkötter, sei lediglich eine Entschädigung Paffhausens für seinen verlorenen Job. Die 1,4 Millionen Euro seien daher nicht an die Vertrauenswürdigkeit und Zuverlässigkeit des früheren Geschäftsführers geknüpft. Eine fehlende Vertrauenswürdigkeit stelle in diesem Fall keinen Grund dar, die Abfindung nicht zu zahlen, so das Gericht weiter.

Die Argumentation des Gerichts bringt den damaligen EWP-Aufsichtsrat und Jakobs in erhebliche Erklärungsnot. Denn gerade mit den – noch immer nicht restlos aufgeklärten – möglichen Verfehlungen Paffhausens hatte Jakobs dessen Kündigung begründet.

Paffhausen war vor einem Jahr von den Stadtverordneten zum Rücktritt gedrängt worden. Zuvor war der Vorwurf erhoben worden, er habe vor etwa zehn Jahren die Detektei eines ehemaligen Offiziers der Stasi beauftragt, eine andere städtische Firma auszuspähen. Zudem hieß es damals von der Stadtspitze und Stadtpolitikern, es sei nicht belegbar, für welche Aufgaben die Detektei bis zum Jahr 2010 rund 500 000 Euro erhalten hatte.

Auch daran gibt es zumindest begründete Zweifel. Nach PNN-Informationen kamen Gutachter der Stadtwerke-Holding zu dem Schluss, dass es sehr wohl detaillierte Belege für die Zahlungen und deren Grundlage gibt. Bei den 500 000 Euro handle es sich um ein Gesamtauftragsvolumen, das die Firma mit Einzelnachweisen über geleistete Arbeitsstunden sukzessive abgerechnet habe. Auch die Art und Weise der Tätigkeiten sei vermerkt – etwa das Anbringen von Sicherheits- und Videotechnik an Stadtwerkegebäuden.

Paffhausen war von Jakobs auch vorgeworfen worden, teils zinslose Darlehen gewährt und sogenannte Bürgschaften an den Fußballverein SV Babelsberg 03 gewährt zu haben – am EWP-Aufsichtsrat vorbei. Paffhausen selbst war Aufsichtsratschef des Drittligisten. Dem Verein habe Paffhausen, so Jakobs im Juni 2011, Geheimbürgschaften über bis zu 600 000 Euro gegeben. Damit hatte sich der Verein die Drittligalizenzen vom Deutschen Fußballbund (DFB) gesichert. Besonders dieses intransparente Vorgehen war von Jakobs als Grund für die Kündigung samt Streichung der Abfindung genannt worden. In diesem Fall ermittelt noch immer die Staatsanwaltschaft Potsdam wegen des Verdachts der Untreue.

Doch auch hier sind zumindest in Teilen Zweifel an den Vorwürfen aufgetaucht. So sehen die Gutachter in den SVB-Schreiben Paffhausens den Charakter einer Bürgschaft nicht erfüllt. Paffhausen habe die Schreiben lediglich geschickt so formuliert, dass Laien sie als Bürgschaften hätten werten können. Tatsächlich aber seien die Schreiben juristisch keine Bürgschaften – und somit auch nicht durch einen Aufsichtsrat zustimmungspflichtig.

Zum richterlichen Hinweis wollten weder EWP, noch Oberbürgermeister Jakobs, noch der EWP-Vizeaufsichtsratschef, Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg, Stellung nehmen. Alle verwiesen sie auf das schwebende Verfahren. Paffhausens Anwaltskanzlei ließ eine Anfrage unbeantwortet, hatte aber bereits in der Vergangenheit erklärt, sich zum laufenden Verfahren nicht zu äußern.

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