Landeshauptstadt: Naumann-Stiftung fördert 600 Hochbegabte
Ehemaliger FDP-Vorsitzender Wolfgang Gerhardt befürwortet eine Neustrukturierung der Bildungspolitik
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Die FDP, seit September mit drei statt einem Stadtverordneten in Potsdam wieder von politischer Bedeutung, macht mobil. Mit Hilfe der Friedrich-Naumann-Stiftung, die in der Babelsberger Truman-Villa ihr Regionalbüros für Berlin und Brandenburg unterhält, will sie am 10. Dezember hinterfragen, ob Potsdam wirklich den vom Sozialforschungsinstitut Prognos bestätigten Ruf als „familienfreundlichste Stadt Deutschlands“ verdient. Darüber will der FDP-Kreisvorsitzende Marcel Yon mit der Sozialwissenschaftlerin Kirstin Winderlich, FH Potsdam, Gerald Siegert, Geschäftsführer der „Kinderwelt“ Potsdam und einem Prognos-Vertreter diskutieren. Damit liegt er genau auf der Linie des Stiftungsratsvorsitzenden Wolfgang Gerhardt. Der frühere FDP-Vorsitzende reist derzeit durch Deutschland, um sein in diesem Jahr veröffentlichtes Papier „Für Freiheit und Fairness“ vorzustellen. Dies tat er jetzt auch im Truman-Haus.
Gerhardt postuliert, dass Deutschland auf die globalen Herausforderungen, so die jetzige Finanzkrise, nicht vorbereitet ist. Staat und politische Parteien böten den Bürgern eine trügerische soziale Sicherheit in einer Art „betreutem Volksheim“ an, befähigten sie aber nicht dazu, ihr Schicksal selbst zu meistern. Der FDP-Politiker sieht den Ausweg in höherer Bildung und Qualifikation. Er ging von dem Pestalozzi-Wort „Die erste Schulstunde ist die Stunde der Geburt“ aus und forderte, die Bildungsbemühungen viel früher zu beginnen. So fördert die von ihm geleitete Stiftung, die in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen beging, jetzt die Ausbildung von „Familienhebammen“, die den Müttern bereits vor und dann auch nach der Geburt des Kindes als Beraterinnen zur Seite stehen. Neben besser ausgebildeten Lehrern und kleineren Klassenstärken brauche das deutsche Schulsystem eine intensive Talentförderung. Derzeit dominiere jedoch eine Gleichmacherei, die die begabten Schüler auf das Niveau der schwächeren hinabziehe. In diesem Zusammenhang verwies Gerhardt auf die etwa 600 hochbegabten Studenten und Doktoranden, die von der Naumann-Stiftung durch ein Stipendium gefördert werden. Einige davon präsentieren sich derzeit im Trumanhaus in einer Fotoausstellung „Momente der Freiheit“, die bis Ende Januar zu besichtigen ist.
Die virtuelle Akademie der Stiftung veranstaltet Anfang Dezember ein Online-Seminar zum Thema Finanzkrise. Mit Ekkehard Köhler und Andreas Hoffmann haben zwei Promotionsstipendiaten der Stiftung dessen Leitung übernommen. In seinem Papier „Für Freiheit und Fairness“ gibt Wolfgang Gerhardt nicht nur Denkanstöße für eine Umstrukturierung der Bildungspolitik, sondern spannt den Bogen von neuen Spielregeln für die Marktwirtschaft bis zur gewachsenen Verantwortung Deutschlands in der internationalen Politik. Veronika Kolb, Leiterin des Potsdamer Regionalbüros der Stiftung, nannte den Bundestagsabgeordneten einen der wenigen Politiker mit Visionen. Gerhardt allerdings meinte, er habe lediglich „einige brauchbare Vorschläge“ für den gesellschaftlichen Umbau unterbreiten wollen. E. Hoh
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