Landeshauptstadt: Neue Fragen zum Gewoba-Modell Die Andere: Gewoba kaufte womöglich Immobilien, die ihr schon gehörten / Stadt weist Vorwurf zurück
Neue Fragen zum Gewoba-Modell, mit dem Potsdam vor mehr als zehn Jahren städtische Immobilien im Wert von 120 Millionen D-Mark verkauft hat, warf am Freitag die Fraktion Die Andere auf. Ihr Verdacht: Die Veräußerung der Grundstücke an die kommunale „Gemeinnützigen Wohn- und Baugesellschaft“ (Gewoba) könnte real gar keine gewesen sein.
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Neue Fragen zum Gewoba-Modell, mit dem Potsdam vor mehr als zehn Jahren städtische Immobilien im Wert von 120 Millionen D-Mark verkauft hat, warf am Freitag die Fraktion Die Andere auf. Ihr Verdacht: Die Veräußerung der Grundstücke an die kommunale „Gemeinnützigen Wohn- und Baugesellschaft“ (Gewoba) könnte real gar keine gewesen sein. Die Immobilien hätten der Gewoba womöglich bereits gehört, sagten die Stadtverordneten Arndt Sändig und Hannes Püschel.
Das Rathaus wies den Vorwurf umgehend zurück: „Die Behauptung, die Landeshauptstadt habe der Gewoba dieser bereits gehörende Grundstücke erneut verkauft, treffen nicht zu“, so ein Sprecher. Wichtigste Feststellung der Stadt: Bevor am 29. Mai und am 20. November 2000 die Kaufverträge unterzeichnet worden seien, habe ein Notar die Eigentumsverhältnisse in den Grundbüchern geprüft. Daraufhin habe er notariell festgehalten, dass die Grundstücke der Stadt gehörten.
Die Fraktion Die Andere hatte nach Angaben von Sändig Hinweise bekommen, wonach es Ungereimtheiten bei dem Verkauf an die Gewoba gegeben habe. Bei der Recherche stießen die Stadtverordneten tatsächlich auf Dokumente, die für sie den Schluss nahelegten, es sei der Gewoba etwas verkauft worden, was ihr in großen Teilen bereits gehörte. Aus dem Handelsregister ließen Sändig und Püschel sich eine Anlage heraussuchen, in der das „Inventar“ des ehemaligen VEB Gebäudewirtschaft Potsdam verzeichnet war. Es wurde 1990 an die neu gegründete Gewoba übertragen. Seitenlang werden in dem Dokument Straßen und Hausnummern aufgezählt. Beim Blick auf die Vorlage, mit der das Stadtparlament am 27. April 2000 dem Immobilienverkauf an die Gewoba zugestimmt hat, stellten Sändig und Püschel Doppelungen fest: 38 der 63 Grundstücke, die verkauft wurden, fanden sich auf beiden Listen – in der Vorlage als Eigentum der Stadt, in der „Inventar“-Liste von 1990 als Eigentum der Gewoba. Die Verwaltung erklärte dies gestern mit einem „Austausch von Teilen des der Gewoba zugedachten Liegenschaftsbestands“. Damit sei die VEB-„Inventar“-Liste überholt: Dort als Gewoba-Eigentum verzeichnete Grundstücke gehörten zwischenzeitlich der Stadt, andere wiederum der Gewoba. Alle Grundstücksübertragungen seien von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen worden.
Die Fraktion Die Andere kündigte an, Aufklärung zu dem Sachverhalt zu fordern. Sollte es einen „unechten“ Verkauf gegeben haben, hätte die Stadt damit „im großen Stil“ Kapital aus der Gewoba entnommen, so Sändig.
Der Gewoba-Grundstücksdeal mit der anschließenden Privatisierung von mehr als 1000 Wohnungen, zu dem das Stadtparlament sich damals wegen akuter Finanznot der Stadt entschloss, war bereits im vergangenen Jahr Thema in Potsdam. Wie berichtet ließ der damalige Gewoba- und heutige Pro-Potsdam-Geschäftsführer Horst Müller-Zinsius sich laut den PNN vorliegenden Dokumenten vom damaligen Oberbürgermeister Matthias Platzeck (SPD) von der Haftung für das Geschäft freistellen. Dies bezeichnete die heutige Stadtspitze später vor den Stadtverordneten als normales Gebahren.
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