Landeshauptstadt: Neue Hilfe für Gewaltopfer ab Februar
Stiftung Aktion Mensch fördert Traumaambulanz
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Die Kassiererin, die einen Überfall erlebt hat, der Jugendliche, der sexuell missbraucht wurde, der Ausländer, der von rechtsextremen Tätern angegriffen wurde – sie alle sind Gewaltopfer. Zur Aufarbeitung des Vorfalls bräuchten viele eine akute Psychotherapie – im kommenden Jahr soll das durch die neue Traumaambulanz der Opferhilfe Brandenburg einfacher werden als bisher.
Etwa 140 Personen, darunter nicht nur direkt Betroffene, sondern auch Angehörige von Opfern, suchten 2011 einen Ansprechpartner bei der Opferhilfe Land Brandenburg e.V. Manche kamen für ein Gespräch, andere brauchten kontinuierlich Unterstützung, psychologische Beratung, Sozial- oder Stalkingberatung, Traumabegleitung oder Hilfe und persönliche Begleitung bei Gerichtsprozessen. Seit 1996 gibt es diese Einrichtung in Potsdam, damals war man von weitaus weniger Bedarf ausgegangen, sagt Rosemarie Priet, Psychologin und Leiterin der Potsdamer Geschäftsstelle der Opferhilfe, doch in den letzten Jahren sei die Zahl der Klienten sogar noch gestiegen.
Was die Opferhilfe bisher nicht leisten konnte, jetzt aber aufbauen will, ist eine Traumaambulanz. „Etwa dreißig Prozent der Gewaltopfer bräuchten unmittelbar nach der Tat, bevor sich Folgestörungen entwickeln und verfestigen, eine akute Psychotherapie, doch es gibt in Potsdam nicht genug niedergelassene Psychotherapeuten, die Wartezeit für einen Termin kann mehrere Monate betragen“, sagt Priet. Wenn aber infolge einer Gewalttat Ängste, Schlafstörungen oder Depressionen sich verfestigen und chronisch werden, kann sich unter Umständen eine posttraumatische Belastungsstörung entwickeln, die bis hin zum Verlust des Arbeitsplatzes oder zumindest zur eingeschränkten Erwerbsfähigkeit führen kann. „Das bedeutet wiederum Folgekosten für die Gesellschaft“, erklärt die Psychologin.
Deshalb hat die Opferhilfe Land Brandenburg bei der Stiftung Aktion Mensch 2012 Mittel für eine Traumaambulanz beantragt und jetzt bekommen, insgesamt 174 000 Euro für drei Jahre. Im kommenden Februar soll die ergänzende Beratungsstelle eröffnet werden. Zwei Psychologen als Teilzeitkräfte werden in den neuen Räumen in der Feuerbachstraße arbeiten und kurzfristig Termine für Psychotherapien anbieten. Erste Anlaufstelle bleibe jedoch die Beratungstelle in der Jägerstraße. Von dort wird die gesamte Arbeit der Opferhilfe koordiniert.
Das dreijährige Modellprojekt Traumaambulanz umfasst auch eine wissenschaftliche Auswertung: „Durch die Evaluation wollen wir nachweisen, dass wir damit ein wichtiges Angebot vorhalten und nach diesen ersten drei Jahren Gelder beim Land, den Krankenkassen und dem Landesversorgungsamt, das die Entschädigungsgelder der Opfer verwaltet, zur Weiterführung unserer Arbeit einwerben“, hofft Priet. Es habe Überlegungen gegeben, die Traumaambulanz dem Bergmann-Klinikum anzugliedern. Aber „Gewaltopfer sind nicht krank“, sagt Priet, somit sei die Hemmschwelle, Räume in einer Klinik aufzusuchen, eventuell zu groß. Es gebe Studien, die belegen, dass unabhängige Beratungsstellen besser angenommen werden und besser auf die Zielgruppe eingehen können. Steffi Pyanoe
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