Links und rechts der Langen Brücke: Neue Mauern
Sabine Schicketanz über den gefährlichen Kurs von Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg – und seinen neuen Widerpart Günther Jauch
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Der wohl prominenteste Potsdamer hat Partei ergriffen, in dieser Deutlichkeit das erste Mal: Günther Jauch hat sich öffentlich für SPD-Oberbürgermeister Jann Jakobs eingesetzt, hat ihn gelobt für den Umgang mit der Krise in der Bauverwaltung – und hat gleichzeitig Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg düpiert. In welcher Form, ist seit gestern der bundesweiten Öffentlichkeit zugänglich: Die Frankfurter Allgemeine Zeitung dokumentierte die Rede, die Jauch zur Verleihung des Bonhoff-Preises hielt. Anhand seiner Worten wird schnell klar, was ihn seit seiner Brandrede zur Willkür der Baubehörde auch bewegte: Scharfenberg hatte sich damals mit den Worten zitieren lassen, „wenn aber jemand wie Jauch als Bauherr mehr Potenzial hat als andere, kann man ihn auch mehr fordern“. Jauch dazu: „So viel zum Thema: Alle sind vor dem Gesetz gleich.“ Nun könnte der Eindruck entstehen, dies sei allein ein Zwist zwischen dem TV-Journalisten und dem Linke-Politiker. Doch weit gefehlt. Jauch hat, so lässt sich stark vermuten, seine harten Worte nicht aus persönlicher Eitelkeit gewählt. Er ist ein aufmerksamer Beobachter des Geschehens in der Stadt – und welche Linie Scharfenberg verfolgt, wurde auch in dieser Woche deutlich: Beim Landtagsneubau forderte er auf zu erwägen, die 20-Millionen Euro-Spende an Hasso Plattner zurückzugeben, denn sie mache den Neubau teurer. Das allerdings ist nicht zu beweisen. Außerdem: Würde die Linke Verantwortung übernehmen, hätte sie einen Kostendeckel aktiv forciert. So bedient Scharfenberg lediglich seine Wähler-Klientel – und zieht mit wenigen Worten dort Mauern hoch, wo andere sich seit Jahren mühen, sie zu beseitigen. Vor just diesem Spannungsbogen hatte Jakobs gewarnt: Er werde bestimmt von Jauch auf der einen und Scharfenberg auf der anderen Seite. Wenn beide für sich beanspruchten, die Stadt auszumachen, könne dies zerstörerisch wirken. Nun hat Jauch sich offensiv der Einheit der Stadt verschrieben: Er finanziert das Kinderhilfsprojekt „Arche“ in Drewitz. Dafür allerdings gab es kein lobendes Wort von Scharfenberg. Warum? Weil hinter der „Arche“ ein christlicher Verein steckt. Stattdessen sagte Scharfenberg, Jauchs Preisgeld – das dieser komplett an soziale Projekte in Potsdam spendete – hätte auf viele aufgeteilt werden müssen, die sich auch über die Baubehörde beschwerten. Mit Verlaub: Das spricht für sich.
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