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Von Guido Berg: Neuer Anfang, neue Hoffnung

Synagogen-Gemeinde Potsdam gegründet. Joffe fordert Neuplanung für Potsdamer Synagoge

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Innenstadt - Ud Joffe, Sprecher der neuen Synagogen-Gemeinde Potsdam, hat Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) gestern vor Journalisten aufgefordert, sich in die Diskussion um die neue Potsdamer Synagoge einzuschalten. Er könne sich nicht vorstellen, dass Platzeck es begrüße, wenn das Land fünf Millionen Euro ausgibt „für ein Objekt, das mehr schadet als nützt“. Vitali Ferchtman, Vorstandsmitglied der neuen Gemeinde in der Hans–Thoma-Straße 2, kritisiert am Entwurf des Berliner Architekten Jost Haberland, dass die Gläubigen an jüdischen Feiertagen erst per Fahrstuhl in die zweite Etage, die Frauen und Kinder sogar in die dritte Etage fahren müssen. Das sei nicht nur schwer zu organisieren, sondern störe auch das Sabbat-Gefühl der Gläubigen. Weitere Kritikpunkt richten sich gegen den Raumplan und den Architekturentwurf: Die Juden in Potsdam „brauchen ein Identitätsobjekt, das ihr Selbstwertgefühl erhöht und ihr ästhetisches Gefühl anspricht“, erklärte Joffe. Eine solche Synagoge habe der Architekt Haberland nicht vorlegen können, da der Raumplan, der ein Gemeindezentrum für die Jüdische Gemeinde Potsdam vorsieht, dies gar nicht zugelassen habe. Ziel sei aber, „ein großes repräsentatives Haus für das Potsdamer Judentum zu schaffen“.

Der in Israel geborene Joffe plädierte für eine „kreative Pause“ und eine Neuplanung des Synagogen-Projekts. „Dazu sollte sich die Landesregierung positionieren.“ Der Synagogenbauverein sei „nicht der Souverän, er gibt nicht das Geld, nicht das Grundstück und ist auch nicht der Bauherr“, so Joffe. Es sei „ein Projekt der Landesregierung“. Der Bauverein sei „nur ein Vermittler“ – eine Aufgabe, die er nach Joffes Ansicht „nicht erfüllt hat“. Zwar seien schon Planungskosten für die Haberland-Synagoge entstanden, „das große Geld“ sei jedoch noch nicht ausgegeben.

Seine Abkehr von der Jüdischen Gemeinde Potsdam begründete der Rabbiner der Synagogen-Gemeinde, Nachum Presman. Er wirke seit 14 Jahren in Potsdam, um jüdisches Leben und jüdische Infrastruktur zu fördern. Die Zusammenarbeit mit der Führung der Jüdischen Gemeinde Potsdam habe sich aber in den vergangenen zehn Jahren immer schwieriger gestaltet. Zum Synagogen-Entwurf äußerte sich Presman enttäuscht: „Damit kann ich meine Aufgabe nicht erfüllen.“ Mit einem Gleichnis beschrieb Presman seine Trennung von der Jüdischen Gemeinde Potsdam: Im Talmud, nach der Bibel das bedeutendste Schriftwerk im Judentum, stehe geschrieben, „ein Paar, das nach zehn Jahren keine Kinder habe, muss sich trennen“. Ein neuer Anfang sei auch eine neue Hoffnung. Entstehen solle eine orthodox geführte Einheitsgemeinde, die jedem Juden offen stehe. Joffe ergänzte, von keinem Interessenten werde die religiöse Richtung abgefragt. Ziel sei es, alle 900 in Potsdam lebende Juden anzusprechen. Auch Mitgliedern der Jüdischen Gemeinde Potsdam stehe die Tür offen, ohne das diese abgeworben werden sollen.

Bislang bekennen sich laut Joffe 50 Potsdamer Juden zu der neuen Gemeinde. Dem Rabbiner Presman zufolge werde die neue Gemeinde Mitglied im Zentralrat der Juden in Deutschland werden. Dieser sei ein „sehr guter politischer Vertreter der jüdischen Interessen in Deutschland“. Zur Finanzierung trage momentan die jüdische Religions-Gruppierung Chabad Lubawitsch bei, der Presman nahe steht. Joffe zufolge werde sich die Gemeinde auch um die ihr zustehende Förderung durch das Land Brandenburg bemühen.

Wie Presman berichtete, spenden nicht nur Juden in Florida oder dem New Yorker Stadtteil Brooklyn Geld für die neue Potsdamer Gemeinde. Seit zwei Monaten existiere in Israel ein Förderverein „Freunde von Chabad Lubawitsch Brandenburg“, der schon 20 Mitglieder habe. Einer von ihnen sei David Levin, ein alter Potsdamer, der in der Kiezstraße 8 wohnte.

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