Landeshauptstadt: Neuer Landtag: Neidvoller Blick nach Berlin
Für das Berliner Schloss sind drei Barockfassaden vorgeschrieben / Morgen tagt die Potsdamer Jury
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Berlin macht vor, worum in Potsdam noch gekämpft wird: Die Bundeshauptstadt bekommt ihr Stadtschloss wieder – dabei sind die Barockfassaden nach Süden, Westen und Norden sowie die drei historischen Fassaden des Schlüterhofs garantiert. Nur nach Osten darf moderner gebaut werden. Gestern startete Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee (SPD) den internationalen Architektenwettbewerb für das 480-Millionen-Euro-Projekt. „Der jetzt vorliegende Auslobungstext setzt die Beschlüsse des Parlaments zur Wiedererrichtung der historischen Fassaden eins zu eins um“, sagte Tiefensee.
Genau dies ist in Potsdam nicht so klar – das befürchten nicht nur jene, die sich einen Landtagsneubau auf dem Alten Markt ohne Fassaden des historischen Knobelsdorff-Schlosses nicht vorstellen können. Zwar hat auch in Brandenburg das Landesparlament beschlossen, dass in den „äußeren Um- und Aufrissen des ursprünglichen historischen Gebäudes“ gebaut werden soll. Außerdem heißt es im Beschlusstext, die „Putz- und Fassadengliederung“ solle weitestgehend nach Knobelsdorff erfolgen. Festgeschrieben ist die historische Schlossfassade jedoch nur in Richtung Norden zur Nikolaikirche hin, wo jetzt bereits das Fortunaportal steht.
Möglich wäre es also, dass der Fachjury, die morgen und am Mittwoch die Entwürfe für den Landtagsneubau bewerten soll, tatsächlich eher moderne Darstellungen vorgelegt werden. Aus Kreisen des Bauherren Land hieß es zuletzt, alle sechs Konsortien, die sich um das 85-Millionen-Euro-Projekt beworben haben – dies sind nach PNN-Informationen Hochtief, Züblin/Strabag, die Deutsche-Bank-Tochter DIL, die ECE- Gruppe des Otto-Konzerns, die holländische Firma BAM sowie Bilfinger und Berger – hätten auf Glas, Stahl und Beton gesetzt. Diese Vermutungen ließen die Wogen hoch schlagen. Die CDU im Landtag hat sogar eine Neuausschreibung nicht ausgeschlossen – für den Fall, dass der Landtagsneubau sich nicht ausreichend am Stadtschloss orientiert.
Der Zuschlag für den Landtagsneubau soll im Frühjahr 2008 erteilt werden. Bis dahin soll die Öffentlichkeit keinen der Entwürfe zu sehen bekommen. Dies schreibt laut Finanzministerium das hochkomplizierte Ausschreibungsverfahren für den Bau in Öffentlich Privater Partnerschaft (ÖPP) vor. Bei der Entscheidung über den neuen Landtag soll die Jury-Empfehlung, die für Donnerstag erwartet wird, zwar die Basis sein – bindend ist das Jury-Votum jedoch nicht. Letztlich entscheidet das Finanzministerium, das im Namen des Landes der Bauherr ist. Ausschlaggebend für den Zuschlag sind nach Angaben des Ministeriums die Kriterien Architektur, städtebauliche Qualität und Finanzierbarkeit des Neubaus.
Unterdessen setzen sich in Potsdam weiter zahlreiche Initiativen für den Landtagsbau in Gestalt des Stadtschlosses ein – darunter auch die Gruppe junger Potsdamer um den Architekten Christopher Kühn und den Betriebswirt Olaf Mauga. Kühn hatte jüngst seine Pläne für ein Landtagsschloss vorgestellt – hundert Prozent Knobelsdorff, aber mit den notwendigen Flächen für den Landtag. Dass der Landtag ins Schloss passen könnte, war zuvor immer bezweifelt worden. Kühns Konstrukt – ein zwischengehängtes Geschoss, das für ausreichend Büro-Platz sorgt – habe mittlerweile viele Anhänger gefunden, sagte gestern Betriebswirt Mauga. „Auch die Politik zeigt regstes Interesse.“ Darunter sei auch die Potsdamer Stadtverwaltung, ein Präsentationstermin ist vereinbart. Unterdessen arbeite er seinen Entwurf weiter aus, sagte Architekt Kühn. Er befinde sich sozusagen im „Dialogverfahren“ – ein solches ist auch in der offiziellen Ausschreibung für die Konsortien vorgesehen, die am Donnerstag in die engere Wahl kommen.
Für Kühn bedeutet das „Dialogverfahren“, auf die Probleme einzugehen, die sich bei den Vorstellungen seines Entwurfs vor Öffentlichkeit und Fachleuten ergeben hätten. Dazu gehörten beispielsweise andere „konzeptionelle Überlegungen“ für die Büroräume. Kühn und Mauga appellieren jedoch gemeinsam mit ihren Mitstreitern Alexander Leffers, Matthias Knies und Steffen Siegert weiterhin, den Landtag als Original-Knobelsdorff-Bau zu errichten. Die historische Fassade nicht zu bauen könne sich als teurer erweisen als jetzt darauf zu setzen, argumentiert Kühn: Denn nur wenn mit dem Landtag architektonische Qualität geschaffen werde, könnten Stadt und Land mit der baulichen Entwicklung und Vermarktung des Umfelds am Havelufer und an der Friedrich-Ebert-Straße „viel Geld“ verdienen.
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