zum Hauptinhalt
Theodor Fontane Denkmal in Neuruppin. Das neue Handbuch zum Dichter ist eine wahre Fundgrube für Fans und Forschende geworden.

© imago images/epd

Neues Handbuch zu Theodor Fontane: Ein Autor mit „Knax“

1500 Seiten, über 100 Autoren: Ein neues Handbuch stellt den aktuellen Forschungsstand zu Theodor Fontane dar. Jetzt wird es in Potsdam vorgestellt.

Er schrieb am liebsten über Menschen „mit Knax“, so wörtlich: Figuren wie Effi Briest, die in Konflikt mit den moralischen Normen der Gesellschaft geraten, deren Biografien Brüche aufweisen.

Aber Theodor Fontane war auch selbst ein Autor „mit Knax“, mit Widersprüchen – und der daher Forschenden immer wieder Neues bietet. Seit dem großen Jubiläumsjahr 2019, in dem seines 200. Geburtstages gedacht wurde, ist viel Wissen, sind viele neue Fragestellungen hinzugekommen.

Einen umfassenden Überblick über den aktuellen Forschungsstand bietet das neue „Handbuch Fontane“, das am Donnerstagabend (30. März) im Fontane Archiv in Potsdam vorgestellt wird. 1400 Seiten, 105 Autor:innen, 200 Aufsätze: ein „Mammutwerk“, wie Herausgeber Peer Trilcke sagt. Der Germanistikprofessor leitet das Fontane Archiv, eine Einrichtung der Universität Potsdam, und ist einer von vier Herausgebern des Handbuchs, neben Rolf Parr von der Universität Duisburg-Essen, Gabriele Radecke vom Literaturarchiv der Akademie der Künste, Berlin, und Julia Bertschik von der Freien Universität Berlin.

Sechs Jahre Arbeit haben die Fontane-Expert:innen in das Handbuch gesteckt, und es ist eine wahre Fundgrube für Fans und Forschende geworden. Fontanes Lebenswelten und -orte sind ebenso beschrieben wie die literarischen und publizistischen Werke, von den Gedichten über die Wanderungen durch die Mark Brandenburg, die Romane wie Effi Briest und den Stechlin bis hin zu seinen Artikeln als Kriegsberichterstatter, den reiseliterarischen und autobiografischen Texten, Briefen, Tagebüchern und dem Nachlass.

Der zweite Band stellt übergreifende Fragen nach Fontanes Techniken und Motiven – hier lauten die Stichwörter etwa „Adel“, „Natur“, „Preußen“, „Heimat“, „Massenpresse“, „Humor“. Zur „Philosophie“ fand der Autor keinen rechten Zugang: „Ich bin […] ganz unphilosophisch; ich kann nicht mal recht folgen und Hegelsche Sätze machen mich nervös.“

Im privaten Regal wird das Handbuch schon wegen seines Preises – 249 Euro – eher selten landen. „Ein solches Werk ist für Bibliotheken gedacht“, sagt Trilcke, „es macht eine unübersichtliche Forschungslandschaft übersichtlich.“ Willkommener Nebeneffekt: Die internationale Community der Fontane-Forschenden ist sich in der jahrelangen Arbeit nähergekommen.

Bereits im Jahr 2000 war ein Fontane Handbuch erschienen. „Seitdem sind neue Forschungsfelder hinzugekommen“, sagt Peer Trilcke. „Man blickt jetzt nicht mehr so sehr auf Fontane als Klassiker, sondern auch als Journalisten, der unter prekären Bedingungen arbeiten musste – er hat sich zeitweise selbst als ,Tagelöhner mit dem Geiste‘ bezeichnet.“ Die Autor:innen stellen dar, in welchen Medien er seine Werke publizierte und wie sie dort konsumiert wurden, und sie fragen: Wie stand Fontane zum Medienwandel, zur Technik, zur Eisenbahn, zum Kolonialismus?

Zu Themen wie „Globalisierung“ und „Kolonialismus/Imperialismus“ hatte Fontane mitunter widersprüchliche Auffassungen. Am 26. Oktober 1897 lautete seine Meinung wie folgt: „Die ganze Kolonisationspolitik ist ein Blödsinn: ‚Bleibe zu Hause, und nähre dich redlich.‘ Jeder hat sich da zu bewähren, wohin ihn Gott gestellt hat, nicht in einem fremden Nest.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false