Potsdam: Neues Heim für minderjährige Flüchtlinge
Ins Potsdamer Waisenhaus ziehen nach abgeschlossenem Umbau minderjährige Flüchtlinge ein.
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Innenstadt - Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge werden heute eine neue Unterkunft in der Breiten Straße beziehen. Das gerade frisch hergerichtete neue Domizil in der Innenstadt gehört zum Komplex der Stiftung „Großes Waisenhaus zu Potsdam“, dessen Caritas-Figur über den Dächern der Landeshauptstadt weithin sichtbar ist. Bisher waren die Jugendlichen in einem Haus auf dem Grundstück in der Heinrich-Mann-Allee/Ecke Horstweg untergebracht, auf dem sich bis Ende vergangenen Jahres auch eine Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Brandenburg für Asylbewerber befand.
Bei der feierlichen Einweihung des sogenannten Clearinghauses am gestrigen Freitag in der Breiten Straße – die noch ohne die neuen Bewohner stattfand –, zeigte sich Einrichtungsleiterin Ulrike Kallenbach hoch erfreut über die neuen Räumlichkeiten. „Es ist so schön“, sagte sie. Mit dem Umzug würden sich die Wohnverhältnisse für die Jugendlichen deutlich verbessern. So gibt es in der neuen Unterkunft beispielsweise mehr Bäder. „Die Räumlichkeiten sind viel mehr angepasst an die Bedürfnisse“, sagte Kallenbach. Sie wünsche sich, „dass die Jungs gut ankommen - dass sie’s annehmen“. Mädchen gibt es derzeit nicht in der Einrichtung. Seit dem Start des Clearinghauses im September 2015 in der Heinrich-Mann-Allee seien unter den unbegleiteten Minderjährigen überhaupt nur vier Mädchen gewesen.
In dem Clearinghaus werden die geflüchteten Kinder und Jugendlichen unmittelbar nach ihrer Ankunft in Potsdam betreut, nachdem das städtische Jugendamt sie in Obhut genommen hat. Wer als Minderjähriger ganz alleine, etwa ohne Eltern, nach Deutschland geflohen ist, dem soll hier eine seinem Alter gemäße Fürsorge zuteilwerden. Bis zu 27 junge Menschen im Alter von zwölf bis 18 Jahren aus unterschiedlichen Herkunftsländern können im Clearinghaus an der Breiten Straße künftig aufgenommen und dort für maximal etwa drei Monate intensiv betreut werden. Während dieser Zeit geht es vor allem darum, den gesundheitlichen und geistigen Entwicklungsstand der Flüchtlinge festzustellen, ihre rechtlichen Aufenthaltsmöglichkeiten zu klären und ihnen einen Schutzraum zu bieten. Eine Schulpflicht bestehe in dieser Zeit nicht, sagte Frauke Frehse-Sevran, Leiterin des Jugendhilfeverbundes Potsdam, zu dem das Clearinghaus gehört. Die Bewohner erhalten aber schon Deutschunterricht.
Die Zimmer in der neuen Unterkunft sind recht schlicht eingerichtet. Die abschließbaren Metall-Spinde erinnern an Umkleiden in Sport- oder Schwimmhallen. Es gibt Ein- und Zweibettzimmer. Auf jeder Etage soll sich künftig eine Wohngruppe bilden, der ein Gemeinschaftsraum und eine Küche sowie zwei Bäder zur Verfügung stehen. Jede Wohngruppe werde eine eigene 24-Stunden-Betreuung haben, sagte Norbert Lekow, Geschäftsführer der Gemeinnützigen Gesellschaft zur Förderung Brandenburger Kinder und Jugendlicher (GFB). Die GFB ist ein Tochterunternehmen der Waisenhausstiftung und wird das Clearinghaus betreiben. Zur GFB gehören weitere Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, die quer über das Land Brandenburg verteilt sind. Die Aktivitäten in Potsdam und Potsdam-Mittelmark werden durch den von Frauke Frehse-Sevran geleiteten Jugendhilfeverbund Potsdam gemanagt.
Potsdams Sozialbeigeordneter Mike Schubert (SPD) hob bei der gestrigen Einweihungsfeier hervor, dass sich die neuen Räume in zentraler Lage und nicht abgelegen am Stadtrand befinden. „Hier wird richtig Leben in der Bude sein.“ Bis zum Jahr 2015 nutzte die Deutsche Stiftung Denkmalschutz das Gebäude für Bürozwecke. Deren Aktivitäten wurden nach Berlin verlagert. In der Folgezeit baute die Waisenhausstiftung das Gebäude innen so um, dass es für die Betreuung von Kindern und Jugendlichen geeignet ist. In früheren Zeiten wohnten hier, im sogenannten Direktorenhaus, die Chefs der Waisenhausstiftung. Elke Krüger, die heutige Stiftungs-Geschäftsführerin, erinnerte am Freitag an die lange Tradition der Betreuung von Jugendlichen in der Waisenhausstiftung. Die Sozialeinrichtung wurde bereits 1724 von Friedrich Wilhelm I. für Minderjährige gegründet. Die Kinder sollten damals, wie es in der Gründungsurkunde heißt, „in ihrem Christenthum, Schreiben und Rechnen gehörig informieret“ werden.
Nun zögen nach 70-jähriger Unterbrechung wieder Jugendliche im Waisenhauskomplex ein, sagte Krüger. Das Haus solle für mindestens 15 Jahre der Kinder- und Jugendhilfe zur Verfügung stehen. Ob es hingegen so lange einen Bedarf für die Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen gebe, könne man momentan nicht sagen, so Krüger.
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