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Homepage: Nicht nur auf ein Pferd setzen

Klimaforscher beraten Landesregierung

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Mit Rückendeckung der Potsdamer Klimaforscher hat Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) gestern noch einmal den Energiekurs des Landes in Sachen Braunkohle bestätigt. Zentraler Fokus dabei sei die Entwicklung der neuen CCS-Technologie („Carbon Capture and Storage“), die eine Abscheidung des klimaschädlichen Kohlendioxides direkt am Kohlekraftwerk und die anschließende Lagerung des Gases unter der Erde vorsieht (siehe nebenstehendes Interview). Das Verfahren soll die energetische Nutzung der Kohle klimafreundlich machen. Allerdings wolle Brandenburg nicht nur auf die Kohle setzen. „Wir schlafen nicht, sondern setzen auf mehrere Schienen“, sagte Platzeck gestern vor der Presse. So sei das Land auch bei den Erneuerbaren Energien weit vorne.

Der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Hans Joachim Schellnhuber, unterstützte die Strategie des Landes. Wichtig sei es vor allem, nicht nach Plan A oder B zu verfahren, sondern einen ABC-Plan zu haben. „Am besten ABC-D, denn D steht noch für Effizienz.“ Man dürfe nicht nur auf ein Pferd setzen, sondern müsse „einen ganzen Trupp losjagen“, so der Physiker.

Schellnhuber merkte aber auch an, dass das Problem der Abscheidung des CO2 das kleinere sei, viel wichtiger sei die Frage der Lagerstätten. Indien beispielsweise verfüge geologisch kaum über unterirdische Lager, die USA hingegen über enorme Kapazitäten. „Es wird hier wahrscheinlich zu einem lebbaften Kohlendioxid-Handel kommen, mit einer globalen Infrastruktur wie es sie heute für Öl und Gas gibt.“ Schellnhuber und Platzeck betonten, dass es eine große Chance für Brandenburg sei, die dafür nötigen technologischen Innovationen zu entwickeln. Einmal mehr sprach Schellnhuber vom „Innvoationslabor Brandenburg.“ Und Platzeck: „Wir wollen zu den Treibern dieser Entwicklung gehören.“

Besprochen wurden gestern zwischen Landesregierung und Klimaforschern neben der CCS-Technologie auch der europäische Emissionshandel und die Biomasse. Während bei der Biomasse aus der ersten Generation (etwa Biodiesel aus Raps) die Energieeffizienz sehr schlecht sei, setzt Schellnhuber auf die nächste Generation, die nicht die Fruchtpflanzen sondern biologische Abfälle nutzen wird. Der Emissionshandel wiederum werde voraussichtlich ab 2013 zu „massiven Verwerfungen“ in der Energieproduktion führen. Schellnhuber rechnet damit, dass der Preis für eine Tonne Kohlendioxid dann zwischen 20 und 80 Euro liegen könnte.

In Brandenburg sei die Nutzung der Braunkohle zentral, da diese hier sehr kostengünstig zu fördern sei. „Dies ist allerdings nur mit der CCS-Technologie sinnvoll zu machen.“ Daher müsse die Forschung so schnell wie möglich herausfinden, ob CCS eine machbare Option darstellt. Parallel dazu sollte sich Brandenburg aber auch bei den Erneuerbaren Energien an die Spitze setzen. „Das würde dann bestenfalls eine Win-win-Situation ergeben“, so der Klimaforscher.

Falls sich herausstellen sollte, dass CCS keine Zukunft hat, müsste das Land die Kohlekraftwerke stilllegen. „Für diesen Fall muss gleichzeitig auf andere Varianten gesetzt werden.“ Mit einer entsprechenden klimaschonenden Technologie könnte Brandenburg sich von Energie-Importen unabhängig machen und „saubere“ Energie exportieren. Schellnhuber verwies zudem auch auf die globale Dimension des Problems. In diesem Jahrhundert sei zu erwarten, dass weltweit bis zu 400 Gigatonnen Kohlendioxid gespeichert werden müssen. Jan Kixmüller

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