Landeshauptstadt: Nicht umsonst aufgeräumt
Mehr als 5000 „Premierengäste“ am Samstag beim Tag der offenen Tür von Landtag und Landesregierung
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Teltower Vorstadt - Der Blick ins Publikum muss wenig ermunternd gewesen sein. Die Anspannung war spürbar, als Matthias Platzeck kurz nach elf Uhr schnellen Schrittes zur Bühne hinter der Staatskanzlei in der Heinrich-Mann-Allee eilte. Der Ministerpräsident machte aus seiner Aufregung kein Geheimnis und scherzte tapfer: „Allein deshalb lohnt sich so ein Tag der offenen Tür: Ich habe die Büros in 17 Jahren nicht so aufgeräumt gesehen.“ Außer dem Polizeiorchester standen in dem Moment nur vereinzelt Leute vor der Bühne. Denn die Besucher drängelten sich bereits in einer langen Schlange vor dem Eingang zur Hausführung. Spätestens als die erste Gruppe eine knappe halbe Stunde später den Ministerpräsidenten in seinem Büro besuchte, war der Knoten dann geplatzt: Platzeck antwortete gut gelaunt auf alle Fragen, verteilte Autogramme und ließ sich geduldig fotografieren.
Mehr als 5000 Gäste kamen nach Angaben der Veranstalter zum ersten Tag der offenen Tür beim Landtag und der Landesregierung am vergangenen Samstag. „Unsere Erwartungen sind in Erfüllung gegangen“, resümierte Platzeck. Er habe sich über das sehr große Interesse und die fachkundigen Fragen gefreut, betonte Landtagspräsident Gunter Fritsch.
Auch die NPD hatte im Vorfeld im Internet dazu aufgerufen, den Tag der offenen Tür „hautnah“ zu nutzen. Der brandenburgische Verfassungsschutz wertete den Aufruf als „Ankündigung, der DVU das Rednerpult im Landtag streitig zu machen“. Besucher aus dem rechten Spektrum, die sich um das Zelt der DVU-Fraktion auf dem Brauhausberg scharten, hätten allerdings „nicht provoziert“, sagte Landtagspräsident Fritsch gegen Ende der Veranstaltung den PNN.
Von elf bis 17 Uhr hatten nicht nur die Staatskanzlei und der Landtag ihre Türen und Zimmer geöffnet. Auf dem Gelände der Staatskanzlei präsentierten sich außerdem alle Ministerien – und Behörden, die sonst weniger im Licht der Öffentlichkeit stehen, wie zum Beispiel das Landesamt für Mess- und Eichwesen.
Dort konnten die Gäste ihre Unterschrift wiegen lassen: Mit einer Feinwaage, wie sie normalerweise zur Einstellung pharmazeutischer Waagen genutzt wird. In der Staatskanzlei kommt es bei der Unterschrift allerdings mehr auf die Farbe als auf das Gewicht an: Das erklärte Clemens Appel, der Chef der Staatskanzlei, in seinem Büro. Während der Ministerpräsident Dokumente immer mit grünem Stift zeichne, benutzt Appel selbst rot. Der Vorteil dieser Farblehre: Man sehe auf einen Blick, welche Ebenen das Papier bereits durchlaufen hat. 40 bis 50 Mappen landen pro Tag auf seinem Tisch, sagte Appel.
Im Kabinettsspeiseraum präsentierte Oliver Schmidt, der Protokollchef, wie ein Staatsbankett aussieht und erzählte von den Schwierigkeiten, acht Personen richtig um einen Tisch zu platzieren. Im Kabinettsspeiseraum werde allerdings schon lange nicht mehr gegessen, stellte Appel klar: Denn das Essen nach der Kabinettssitzung wurde vor einigen Jahren abgeschafft.
Auch in der Kantine konnte am Samstag niemand essen: Denn dort versteigerte Hans Leggewie, der Chef des Haushaltsreferats, 160 Gastgeschenke, die unter anderem der vorige Ministerpräsident Manfred Stolpe überreicht bekam: Der Berliner Klaus-Peter Sengspeck ergatterte dabei einen spiegelblank polierten Feuerwehrhelm für 65 Euro. „Das war die Kopfbedeckung, die mir noch gefehlt hat“, erklärte der 59-jährige „Hutfan“ danach. Insgesamt kamen nach Veranstalterangaben 2418 Euro bei der Auktion zusammen: Das Geld soll der Verein Clownssprechstunde e.V. erhalten, der Kinder in Krankenhäusern besucht.
Auf dem Brauhausberg hielten die Besucher „Reden“ im Plenarsaal, besuchten den Landtagspräsidenten Gunter Fritsch in seinem Büro oder das „Zimmer mit Ausblick“ in der vierten Etage des Landtagsgebäudes. Gleich nebenan, im Hörfunkstudio, erklärte Radioeins-Landtagskorrespondentin Antje Grabley, wie die Landtagsdebatten ins Radio kommen.
„Ziemlich spannend“ fand Maximilian Schott den Tag. Der Fünftklässler aus Saarmund war mit seinen Eltern gekommen. „Es ist sehr locker gemacht“, schwärmte Thomas Schott, sein Vater. Als „deutlich vielseitiger als erwartet“ bewertete Marcus Müller, Ägyptologe aus Potsdam, den Veranstaltungstag.
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