
© A. Klaer
Landeshauptstadt: „Nicht viel Neues“
Schüler üben Kritik an Lehrfilm über die Stasi
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Ein wenig erinnerte es an Stefan Raab. „MfS? War das nicht die Geheimpolizei von Hitler?“ Krasser konnte der Filmbeginn kaum ausdrücken, wie es um das Hintergrundwissen deutscher Schüler zum Thema Ministerium für Staatssicherheit (MfS) bestellt ist. „Ein Volk unter Verdacht. Die Staatssicherheit und die DDR“ heißt der Streifen, der im Auftrag der Stasiunterlagenbehörde BStU gedreht und gestern erstmals Potsdamer Schülern im Filmmuseum gezeigt wurde.
Das Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg hatte eingeladen – und von den beiden Gymnasien „Einstein“ und „Humboldt“ sowie der Goethe-Gesamtschule waren so viele Klassen erschienen, dass die Plätze nicht ausreichten und sogar in den Gängen noch Stühle aufgestellt werden mussten. Um dem jugendlichen Publikum den oft vernachlässigten Stoff schmackhaft zu machen, hatte sich die Münchener Regisseurin Franziska Schlotterer eine junge Protagonistin gesucht, die im Film als Moderatorin auftritt und sich das Thema Stasi von einem Historiker, Ilko-Sascha Kowalczuk, erklären lässt. Sie besuchen authentische Schauplätze wie die ehemalige Stasi-Zentrale in Berlin-Lichtenberg oder das frühere Stasi-Gefängnis in der Potsdamer Lindenstraße. Zu Wort kommen auch mehrere Stasi-Opfer, die als Jugendliche inhaftiert wurden und über Verhöre und ihre jahrelange Bespitzelung berichten – etwa die frisch ernannte Stasibeauftragte Brandenburgs, die Bürgerrechtlerin Ulrike Poppe.
Nach dem 40-minütigen Film gab es, wenn auch verhaltenen, Applaus. Die Diskussion entwickelte sich jedoch in eine etwas andere Richtung, als die Veranstalter wohl erwartet hatten. Vor allem die Schüler der 13. Klasse des Einstein-Gymnasiums rieben sich an der Aufarbeitung des Stoffes. Als „ein bisschen kitschig“ wertete Schulsprecher Paul Böttcher den Streifen, der zudem „nicht viel Neues“ berge. Ein junges Mädchen urteilte gar, der Film stelle die Thematik „ein bisschen harmlos“ dar, weil die Stasi ganz andere Methoden angewendet habe als nur „lange Verhöre“. Vermisst wurde zudem eine „Multiperspektivität“, weil nur Opfer zu Wort kämen und keine Mitarbeiter der Stasi. „Sehr vereinfacht“ nannte Luisa Enzmann den Film, eher für jüngere Jahrgangsstufen geeignet. Gespräche mit Zeitzeugen brächten mehr, sagte sie. Auch für Karla Schmidt-Dietrich, Geschichtslehrerin im „Einstein“, war der Film „eher was für die 9. oder 10. Klasse“.
Ulrike Poppe freute sich dennoch über die „differenzierte Sicht“ der Schüler, die augenscheinlich „viel wissen“. Doch anderswo in Brandenburg wüssten Jugendliche oft „wenig bis gar nichts“ über die Stasi. BStU-Chefin Marianne Birthler brach eine Lanze für den Film, „der nicht für alle gleich gut“ sein könne, da es unterschiedliche Wissensstände gebe. Die Resonanz auf den Streifen, der bundesweit seit Januar im Einsatz ist, sei „ausgesprochen positiv“. Immer mehr Schulen bestellten ihn als Lehrmaterial. pee
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