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Platz in der Sonne. Jann Jakobs mit Komponist Peter Gotthardt, Bäderchefin Ute Sellow und Fahnen-Designer Peter Rogge (v.l.) und der Filmfahne vor dem Strandbad Babelsberg.

© M. Thomas

Landeshauptstadt: Nicht zu perfekt

Peter Gotthardt hat die legendären Puhdys-Hits aus Heiner Carows „Paul und Paula“ komponiert. Am Montag kehre er an einen der Drehorte für den Film zurück.

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Die erste Version war ein Reinfall. Das war dem Filmkomponisten Peter Gotthardt sofort klar, als er die Szene von „Die Legende von Paul und Paula“ zusammen mit Regisseur Heiner Carow anschaute. Wo heute die Puhdys ihr „Geh zu ihr und lass deinen Drachen steigen“ krachen, war ein Trompetenkonzert zu hören. „Wir mussten beide lachen“, erinnert sich Gotthardt. Der aus der Klassik kommende Musiker überdachte die Szene, fand mit den Puhdys eine Band, die dem Film den naiv-frischen und unverbrauchten Klang geben sollte und schrieb schließlich mit „Geh zu ihr“ und „Wenn ein Mensch lebt“ zwei Songs, die bis heute Kultstatus genießen – wie der Film selbst.

Am gestrigen Montag hisste Gotthardt gemeinsam mit Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und Ute Sellow, der Chefin der Bäderlandschaft Potsdam, vor dem Strandbad Babelsberg eine Fahne für den „Filmschauplatz des Monats“. In dem Havelbad hatte Carow 1973 Szenen für die Liebesgeschichte zwischen der alleinerziehenden Paula – dargestellt von Angelica Domröse – und dem Familienvater Paul alias Winfried Glatzeder gedreht. Verändert hat sich seitdem einiges, vor allem am gegenüberliegenden Ufer: Wo im Film noch ein heruntergekommenes Industrieviertel zu sehen ist, hat sich heute rund um den Neubau des Hans Otto Theaters der Kulturstandort Schiffbauergasse entwickelt.

Es sei „der wohl populärste Defa-Film aller Zeiten“ gewesen, meint Jann Jakobs. Er selbst habe den Film Anfang der 1980er Jahre in einem Kino in der Frankfurter Allee in Ostberlin zum ersten Mal gesehen: „Die Musik ist unvergesslich.“

Und sie bringt Gotthardt bis heute Tantiemen ein: „Das rettet mich“, sagte der 69-Jährige gestern augenzwinkernd. Erst 2010 veröffentlichte er eine Doppel-CD mit dem Titel „Hommage an Paul und Paula“ – darauf ist neben 23 Coverversionen der zwei Filmhits, unter anderem vom Hiphopper P.R. Kantate, von Knorkator oder Dritte Wahl, auch Glatzeder mit einer Ballade zu hören. Auch die Puhdys haben die Songs neu aufgenommen.

Dabei hätte er für den Film eigentlich zuerst die Les Humphries Singers mit ihrem Gospel-Schlagersound im Blick gehabt, wie Gotthardt gestern verriet. Die Gruppe des in Hamburg lebenden Engländers Humphries sei ihm dann aber doch „zu perfekt“ erschienen – „Das ist nichts für Paula.“ Als er wenig später im Radio die damals noch unbekannten Puhdys hörte, sei ihm gleich klar gewesen: „Das ist die Gruppe! Die hatten die Naivität, die ich für diesen Film wollte.“ Er begleitete die Band auf einer Tournee, um ein Gefühl für Popmusik zu bekommen und die Songs schreiben zu können. Der Rest ist Legende, auch wenn Gotthardts Name dabei heute nur ausgesprochenen Filmenthusiasten ein Begriff ist.

An die Zeit in Babelsberg erinnert sich Gotthardt, der an der Berliner Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ studiert hatte, gern: „Ich habe hier in Babelsberg laufen gelernt“, sagt er im Hinblick auf seine Karriere beim Film. 1965 arbeitete er zum ersten Mal in den Studios in Nowawes und schrieb die Musik für Kurzfilme. Mit Regisseur Carow arbeitete er mehrfach zusammen: Vor „Paul und Paula“ bereits für den verbotenen Film „Die Russen kommen“, danach für „Ikarus“ und „Bis daß der Tod euch scheidet“. Auch die Musik zum Jugendfilmklassiker „Sieben Sommersprossen“ von Herrmann Zschoche stammt aus seiner Feder. Gotthardts vorerst letztes Filmprojekt war „Hitlerkantate“ im Jahr 2005 – ein Film, der nur in zwei Kopien in die Kinos gekommen sei, wie der Komponist beklagt.

„Die Legende von Paul und Paula“ wird am 13. August 21.30 Uhr Open Air im Strandbad Babelsberg gezeigt – der Eintritt ist frei. Der Film läuft zudem am 28. August, 18 Uhr, im Filmmuseum Potsdam, Breite Straße 1a.

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