SERIE: Nichts bereuen Potsdamer Absolventen
Job ungewiss? Das war Andrea Nakath egal. In Potsdam studierte sie Architektur. Alles Weitere fügte sich
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Es begann alles mit einem Praktikum. Aber darf man das heutzutage eigentlich noch sagen, ohne gleich mitleidige Blicke zu riskieren? Andrea Nakath jedenfalls tut es. Ohne Verlegenheit und Ausflüchte. Und zugegeben: Wie eine ausgebeutete Arbeitskraft oder ein Vertreter jener berüchtigten „Generation Praktikum“ wirkt die Diplom-Architektin nicht, ganz im Gegenteil. Seit über anderthalb Jahren arbeitet sie nun schon im Deutschen Architektur Zentrum (DAZ) in Berlin – und der Einstieg in den Job gelang ihr eben doch mit einem Praktikum.
Dabei waren die Aussichten, eines Tages in der Architekturbranche Fuß zu fassen, nicht gerade viel versprechend. Insbesondere in Berlin, wo die Dichte der entsprechenden Büros oft die der vielen Cafés übertrifft, in denen Kreative und solche, die sich dafür halten, bei aufgeschäumten Milchkaffees so genannte Projekte planen. Dieser Umstand wurde Andrea Nakath bereits während ihres Studiums der Architektur und des Städtebaus an der Fachhochschule Potsdam bewusst. Doch der Gedanke an eine ungewisse Zukunft hat sie keineswegs an ihrem Berufswunsch zweifeln lassen.
Mit einer Mischung aus Selbstbewusstsein und Gottvertrauen darin, dass sich die Dinge eines Tages für sie fügen werden, entwarf die gebürtige Berlinerin für ihre Diplom-Abschlussarbeit zum Thema „Film in der Architektur“ im Frühjahr 2004 ein gewagtes Modell: ein futuristisches, Licht durchflutetes Gebäude mit einer wellenförmigen Fassade, das Filmschaffenden als freizeitlicher Treffpunkt und Arbeitsplatz zugleich dienen soll. Die Verbindung von Film, Design und Architektur habe sie schon immer gereizt, begründet Andrea Nakath ihre Entwurfsidee. „Das interessiert mich mehr als eine Ausführungsplanung“, sagt sie. In absehbarer Zeit wird man sie also eher nicht auf einem Baugerüst stehen und am Reißbrett entstandene Entwürfe umsetzen sehen.
Ohnehin galt ihre Interesse während des Studiums nicht so sehr den bauspezifischen Aspekten des Berufs, sondern eher den künstlerisch-kreativen. Ideen skizzieren, entwerfen, verwerfen und wieder von vorne beginnen – das ist es, was der 29 Jahre alten Akademikerin an ihrer Tätigkeit gefällt. Im DAZ kann sie genau das ausleben. Als Projektleiterin betreut und organisiert sie für das Haus eine Vielzahl von Ausstellungen im In- und Ausland. Von ihrem kleinen Büro aus stellt sie Kontakte zu verschiedenen nationalen und internationalen Jungarchitekten her, sucht gemeinsam mit ihnen passende Ausstellungsräume und überlegt dann, wie man diese „bespielen“ kann, sprich: wie man die Modellentwürfe und Exponate konzeptionell am besten in den räumlichen Gegebenheiten zur Geltung bringt.
Zu Nakaths Referenzen zählt unter anderem die Ausstellung „Emerging Identities – East!“, die bislang unbekannte Architekten aus Osteuropa vorstellte. In Vorbereitung dafür war sie nach Bratislava, Ljubljana und Prag gefahren, um sich über jeweilige nationale Eigenheiten und künstlerische Trends zu informieren. Zudem läuft in den Ausstellungsräumen des DAZ derzeit eine von ihr organisierte Schau zum Thema „Architektur und Design in und aus Dänemark“. Zu sehen sind sowohl Modellentwürfe für Gebäude als auch Möbel in schlicht-funktionellem skandinavischen Design. Die Exponate wird Kim Herforth Nielsen, einer der Architekten der dänischen Botschaft in Berlin, am kommenden Donnerstag im DAZ (www.daz.de) mit einem Vortrag näher erläutern.
In der Architekturbranche zu arbeiten, bedeutet also nicht immer, selbst umsetzend tätig zu werden. Oft geht es auch darum, neue Ideen und Eindrücke aus dem Ausland zu sammeln und diese in Deutschland zugänglich zu machen. Als Inspirationsquelle. Zu diesem Zweck befindet sich Andrea Nakath derzeit auch in Venedig, wo am Sonntag die Architektur-Biennale eröffnet wird, eine Art internationale Leistungsschau des Baus. Vielleicht ergeben sich aus dem Gesehenen auch Ideen für neue Ausstellungskonzepte.
Wie man als Studienabsolvent den Einstieg in den Beruf am besten schafft? Andrea Nakath muss einen Moment überlegen. Sie weiß, dass ihr Werdegang kein exemplarischer ist. „Ich persönlich hatte Glück, aber generell ist es bei den Architekten problematisch. Praktikanten werden in den Büros oft als billige Arbeitskraft gesehen.“ Man müsse sich deshalb überlegen, welche Konditionen akzeptabel sind. Oder drastischer formuliert: „ob man der ewige Praktikant sein will.“ Zukünftigen Berufsanwärtern rät sie daher, „sich nicht unter Wert zu verkaufen“. Das ist in Anbetracht der aktuellen Arbeitsmarktlage vielleicht leichter gesagt als getan. Klappen kann es aber doch, wie Andrea Nakaths Beispiel zeigt.
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