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Katherina Reiche.

© Klaus-Dietmar Gabbert/dapd

Landeshauptstadt: Niederlage für die Partei

Katherina Reiche siegte gegen Saskia Ludwig. Einigkeit für die Bundestagswahl brachte das Duell nicht, heißt es bei der Basis

Stand:

Potsdam/Werder - Als sie erneut zur Bundestagskandidatin der CDU für Potsdam gewählt war, versuchte Katherina Reiche, auf ihre Gegner in der Union zuzugehen: „Meine Hand bleibt ausgestreckt - auch für alle, die mir nicht ihr Vertrauen geschenkt haben.“ Der politische Gegner seien die anderen Parteien und nicht die Mitglieder in der Union, sagte sie am Freitag gegen 22.30 Uhr. Da stand fest, dass die 39-Jährige gegen die jüngst als Landespartei- und Fraktionschefin zurückgetretene Landtagsabgeordnete Saskia Ludwig die mit Spannung erwartete Kampfabstimmung zur Bundestagskandidatur gewonnen hatte – mit 223 zu 184 Stimmen.

Doch dieser Freitagabend im Schützenhaus in Werder hat Verletzungen hinterlassen. Ein früherer Spitzenmann der Partei aus Babelsberg drückt es kurz nach der Wahl so aus: „Wie sollen wir jetzt geschlossen in die Bundestagswahl ziehen?“ Der Abend sei für die CDU insgesamt eine Niederlage gewesen.

Das zeigte sich schon am Beginn. Denn Journalisten durften den Veranstaltungssaal während der Versammlung nicht betreten. In der Schützenhauskneipe ein Stockwerk tiefer hatte der veranstaltende und von Ludwig geführte CDU-Kreisverband Potsdam-Mittelmark eine Leinwand aufgestellt, auf der die Versammlung übertragen wurde – mit grisseligem Bild und blechernem Ton. Die Kameraführung übernahm von der CDU gestelltes Personal. Journalisten, die dennoch in den Raum wollten, wurden von Saalordnern angeherrscht, draußen zu bleiben.

Der Andrang zu dem Treffen war groß, 409 Mitglieder kamen. Mit Ausweiskontrollen sollte sichergestellt werden, dass tatsächlich nur Christdemokraten abstimmen konnten, die im Wahlkreis 61 wohnen. Zu diesem gehören Potsdam, große Teile des Landkreises Potsdam-Mittelmark und kleine Teile von Teltow-Fläming. Am Tag vor der Wahl hatte etwa der Kreisverband Potsdam noch 42 Neu-Mitglieder aufgenommen: 17 aus dem Reiche- und 25 aus dem Ludwig-Lager. Beobachter rechneten mit einem knappen Ausgang der Wahl – auch deswegen, weil mehrere CDU-Mitglieder aus Potsdam nach PNN-Informationen angekündigt hatten, nach einer Schlappe von Reiche seien auch ihre Tage als Potsdamer CDU-Kreischefin gezählt. Dazu galt Ludwig in dem mitgliederstarken Verband Potsdam-Mittelmark als wesentlich beliebter als Reiche in Potsdam, die 2011 eine Kampfkandidatur um den Kreisvorsitz nur mit 51 Prozent für sich entscheiden konnte.

Schon als sich die beiden Kandidatinnen der CDU-Basis vorstellten, zeigten sich die Unterschiede. In einer kurz gehaltenen Rede sagte Ludwig, sie habe sich in den Tagen zuvor bewusst nicht öffentlich geäußert – vor Ort wolle sie um Stimmen werben. Sie stehe für eine Politik des gesunden Menschenverstands. Ihre Kandidatur begründete die 44-Jährige mir ihrer Erfahrung in Wirtschafts- und Finanzfragen – etwas, was gerade in der CDU-Bundestagsfraktion benötigt werde. Ihr Motto sei: „Privat vor Staat.“ Sie wolle sich unter anderem um Energiefragen jenseits von Windkraft und Solar kümmern. Später präzisierte sie, sie halte gerade das Aufstellen von Windparks in ihrem Wahlkreis für schwierig, Landschaften würden so zerschnitten. Ludwig sagte, nach ihren Erfolgen bei Landtagswahlen in Potsdam-Mittelmark traue sie sich zu, den Potsdamer Wahlkreis direkt zu gewinnen. Mit Ergebnissen bei unter 25 Prozent hatte Reiche dort stets hinter der SPD und auch der Linken gelegen.

Am Freitag konnte Reiche mit ihrer Rede aber offensichtlich mehr punkten. Sie stehe für eine wertebegründete, zukunftsorientierte und freiheitsliebende Politik – damit wolle sie ihr Ergebnis im Wahlkreis steigern. Wichtig sei ihr der Schutz der Institutionen Ehe und Familie – auch gegen den „schrillen Widerstand von linken Aktivisten“. Für die Region habe sie sich etwa um Flüsterasphalt für die Autobahn A10 und um Gelder für das Weltkulturerbe und Wissenschaftseinrichtungen gekümmert. Heftig griff Reiche die Linke als Nachfolgeorganisation der SED an – diese Partei habe sich zwar mehrfach gehäutet, doch zeige sich immer die gleiche hässliche Schlange. Die Linke sehe die Gleichheit als Voraussetzung für die Freiheit an – aus dieser Ideologie seien auch die Gulags von Stalin entstanden. Zugleich betonte die Staatssekretärin im Bundesumweltministerium ihre Unterstützung für die Politik von Kanzlerin Angela Merkel. Auch Ludwig, die als Merkel-Kritikerin gilt, sagte später auf Nachfrage aus dem Publikum, sie schätze Merkel etwa für ihr Krisenmanagement: „Aber ich bin nicht in allen Punkten einverstanden.“

Als die Basis beide Kandidatinnen befragte, beklagten einige Mitglieder grundsätzlich die Kampfkandidatur. Es störe, dass in der Partei immer wieder die Messer herausgeholt werden, sagte ein CDU-Mann. Ein anderer sagte, dass „Abschlachten guter Leute“ sei eine „Katastrophenangewohnheit“ der Partei: „Damit können wir keine Wahl gewinnen.“

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