
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: Nirgends ohne Netz
Der Freifunk Potsdam e.V. will prüfen, welche Dächer für WLAN-Router genutzt werden können
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E-Mails lesen, Videos schauen, Bus-Verbindungen raussuchen – an vielen Orten in Potsdam kann man all dies tun, ohne einen Internetanschluss zu besitzen. Möglich ist das dank kostenloser WLAN-Netze, sogenannter Freifunk-Netze, die für jeden frei zugänglich sind. Wer mit seinem Laptop zum Beispiel in der Waschbar sitzt, braucht bei seinen Netzwerkverbindungen nur auf „www.freifunk-potsdam.de“ zu klicken, und erhält ohne Passwort Zugang zum Internet.
Die größte Potsdamer Initiative zum Aufbau von Freifunk-Netzen ist der 2006 gegründete Freifunk Potsdam e.V., der in der Landeshauptstadt rund 30 WLAN-Router eingerichtet hat, unter anderem im Hotel am Luisenplatz oder im Pub á la Pub. Im Dezember vergangenen Jahres haben sich für die Freifunker neue Möglichkeiten eröffnet: Die Stadtverordnetenversammlung hat auf Antrag der Grünen beschlossen, rund 400 Gebäudedächer der Stadtverwaltung und der kommunalen Unternehmen kostenlos für WLAN-Router zur Verfügung zu stellen. Initiativen für freie WLAN-Netze sollen für Installation und Wartung der Technik freien Zugang zu den Dächern erhalten, zudem sollen die Router kostenlos mit Strom versorgt werden.
Router sind Schnittstellen zwischen Internet und lokalen Netzwerken. Sind sie günstig platziert, kann man zum Beispiel rund um das studentische Kulturzentrum (KUZE) WLAN in einem Radius von rund 50 Metern nutzen. Bernd Nemetz vom Freifunk Verein erklärt, was man tun muss, wenn man einen Router aufstellen will: „WLAN-Router kann man ganz normal im Elektronik-Markt kaufen, die Preise liegen zwischen 20 und 85 Euro. Vorher sollte man aber schauen, welche Router von ‚OpenWrt’ unterstützt werden, eine Software, die man für Freifunk braucht.“
Der Verein selbst hilft und berät bei der Einrichtung, betreiben und warten muss man den Router aber selbst. Die Geräte können sowohl in der Wohnung als auch auf dem Dach stehen; je weniger Hindernisse rundherum, desto besser die Verbindung. Im Freifunk-Netz gelten aber gewisse Regeln: Das Herunterladen von Musik oder Videos über Tauschbörsen etwa ist nicht erlaubt, nicht nur wegen der Rechtslage, sondern auch wegen der großen Datenmengen, die dann das Netz belasten würden.
Nach der Entscheidung der Stadtverordneten will der Freifunk-Verein nun ermitteln, welche Gebäude in Potsdam konkret genutzt werden können: „Wir wissen einfach noch nicht, wo diese Dächer sind“, so Nemetz. Ist dies bekannt, wolle man „schauen, wie sich das zu den bereits bestehenden Routern verhält“, sagt Kai Sommer, Vorsitzender des Freifunk Potsdam e.V. Sprich: Wo Lücken im Netz sind, sollen diese geschlossen werden. Besonders hohe Dächer sind ideal für Router.
Was danach kommt, ist allerdings noch ungewiss: „Man muss klären, wer die Router hinstellt und wer sich dann darum kümmert“, sagt Nemetz, denn der Freifunk Verein könne mit derzeit etwa zehn Mitgliedern schwerlich alle Router selbst betreuen. Neue Freifunker sind daher immer gern gesehen, auch ohne Mitgliedschaft im Verein: „Man muss aber schon etwas technisches Know-How besitzen“, sagt Nemetz. Außerdem beinhaltet der Beschlusstext der Stadtverordneten auch die Formulierung, dass die Installation der Router „in Abstimmung mit der Stadtverwaltung“ geschehen soll. „Es muss erst mal getestet werden, wie das alles praktisch umgesetzt werden kann“, sagt Sommer vorsichtig.
Die Nachricht über den Stadtverordnetenbeschluss hatte sogar andere Freifunker begeistert: Eine Initiative aus Dortmund fragte die Potsdamer, wie sie das gemacht hätten. „Da haben wir sie an Robert Wolf von den Grünen verwiesen, der den Antrag vorangetrieben hat“, sagt Bernd Nemetz. Der Verein selbst hatte nur bei der Formulierung geholfen. Für die Zukunft könnten sich die Potsdamer Freifunker jedenfalls noch mehr vorstellen: „Schön wäre zum Beispiel, wenn im Bürgerservicecenter des Rathauses Freifunk-WLAN eingerichtet werden könnte“, sagt Kai Sommer. Er verweist auf die Rathäuser in Berlin-Schöneberg und Kreuzberg, wo das bereits so ist.
Infos und eine Karte des Freifunknetzes unter www.freifunk-potsdam.de
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