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Von Peer Straube: Noch keine Entscheidung über Fraktionsstärke Verfassungsgericht beriet über Beschwerde der Stadt / Termin für Urteil noch offen

Nicht „Zwei plus Vier“, sondern „Zwei oder vier“ – so lautet die Gretchenfrage, mit der sich das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg am gestrigen Freitag auseinanderzusetzen hatte. Gemeint ist die Mindeststärke von Fraktionen in den Stadtverordnetenversammlungen kreisfreier Städte in der Mark.

Von Peer Straube

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Nicht „Zwei plus Vier“, sondern „Zwei oder vier“ – so lautet die Gretchenfrage, mit der sich das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg am gestrigen Freitag auseinanderzusetzen hatte. Gemeint ist die Mindeststärke von Fraktionen in den Stadtverordnetenversammlungen kreisfreier Städte in der Mark.

Auf Antrag der Wählergemeinschaft Die Andere hat das Potsdamer Rathaus bekanntlich eine Beschwerde gegen die Kommunalverfassung des Landes erhoben. Der Grund: Seit 2007 müssen Fraktionen in Stadtparlamenten mindestens aus vier Abgeordneten bestehen. Bis dato hatten dafür zwei Parlamentarier gereicht. Das Land hält die Beschwerde für unzulässig, der Städte- und Gemeindebund ebenfalls.

Um es vorweg zu nehmen: Zu einem Urteil gelangten die Verfassungsrichter gestern nicht. Die gut zweistündige Anhörung war geprägt von einem Diskurs durch die Geschichte der Verfassungen in Deutschland seit der Weimarer Republik im Allgemeinen, von Brandenburg im Besonderen und der Frage, ob diverse Urteile des Bundesverfassungsgerichts oder des Oberverwaltungsgerichts in Koblenz bei dem vorliegenden Problem hilfreich bis bindend sein könnten.

Die Stadt Potsdam sieht sich in ihrem Recht zur kommunalen Selbstverwaltung verletzt. Ihre Position vertrat Rechtsanwalt Götz Meder. „Bundesweit“, erklärte der Jurist, bleibe die Festsetzung der Fraktionsstärke den Kommunen überlassen. Lediglich Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg bildeten Ausnahmen. Meder erklärte, die Landesregierung Brandenburgs habe ein Zwei-Klassen-System von Mandatsträgern geschaffen: „Die einen dürfen alles, die anderen wenig oder gar nichts.“ Abgeordnete, die nicht in einer Fraktion sitzen, seien von der Besetzung der Fachausschüsse und somit von wichtigen Entscheidungsprozessen in der demokratischen Willensbildung ausgeschlossen. Gerade bei den Wählern der von der Regelung betroffenen kleineren Parteien und Wählergruppen führe dies zu „Resignation und Verstörung“, warnte Meder.

Gerichtspräsident Rüdiger Postier warf daraufhin die provozierende Frage auf, ob es vom Land „basisdemokratisch erwünscht“ sei, kleinere Gruppierungen an der Vertretung ihrer Wähler zu hindern. Ministerialrat Markus Grünwald vom Innenministerium wies dies zurück. Es gehe darum, die Kräfte in den Parlamenten besser zu „bündeln“ und die Effizienz von Verwaltungsentscheidungen zu steigern. Davon seien auch Dritte betroffen, zum Beispiel Investoren. Diese dürften erwarten, dass über ihre Vorhaben in einer „angemessenen Zeit“ entschieden werde. Eine Statistik darüber, ob es in den Jahren davor in den Kommunalparlamenten ineffizienter zugegangen sei, gebe es allerdings nicht, räumte Grünwald ein. Es habe allerdings „subjektive Einzelfälle“ und Beschwerden gegeben.

Karl-Ludwig Böttcher, Chef von Brandenburgs Städte- und Gemeindebund, brach eine Lanze für die angehobene Mindestfraktionsstärke. So hätten sich etwa in Frankfurt (Oder) zwei fraktionslose Stadtverordnete der CDU angeschlossen, weil es inhaltliche Übereinstimmungen gegeben habe. Das Ziel, eine Bündelung zu erreichen, sei richtig und auch erfüllt worden, betonte Böttcher.

In Potsdams Stadtverordnetenversammlung haben derzeit acht von 56 Parlamentariern derzeit keinen Fraktionsstatus. Zwar läuft ist die Verfassungsbeschwerde bereits seit 2009 beim Gericht anhängig, doch hat es zuletzt wieder an Aktualität gewonnen. Bekanntlich haben die beiden CDU-Stadtverordneten Wolfgang Cornelius und Peter Schultheiß nach innerparteilichen Differenzen die Fraktion verlassen.

Wann das Verfassungsgericht zu einer Entscheidung gelangt, ist offen. Den Termin für die Urteilsverkündung ließ Gerichtspräsident Postier offen.

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