Landeshauptstadt: Noch nicht herumgesprochen
Deutsch-französische Familien in Potsdam wollen ihre Vorschulkinder zweisprachig erziehen
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„Ich will, dass meine Kinder zweisprachig aufwachsen“, sagt Nathalie Faivre aus Potsdam. Aber deutsch-französische Kitas oder wenigstens deutsch-französische Spielgruppen sind Mangelware in der Landeshauptstadt, auch wenn Französisch zur Zeit Friedrichs des Großen hier in aller Munde war.
Die Faivres sind nur eine von bislang acht Familien in Potsdam, die sich vor zwei Jahren zu einer losen Gruppe organisiert haben und Kontakt zu anderen deutsch-französischen Familien suchen. Zwei Dinge haben sie gemeinsam: Sie alle haben Kinder im Vorschulalter und Mama oder Papa stammt aus Frankreich, der andere Elternteil aus Deutschland. So auch bei Nathalie Faivre: 2005 heiratete die gebürtige Baden-Württembergerin den aus Saint-Etienne stammenden Chemiker Damien Faivre. Aus beruflichen Gründen zogen sie 2007 nach Potsdam; Damien Faivre hatte eine Stelle am Max Planck-Institut erhalten. Auch die anderen sieben deutsch-französischen Familien, die über ganz Potsdam verteilt sind, sind vor allem aus beruflichen Gründen hierher gezogen. „Wer seine Kinder in zweisprachige Kitas schicken möchte, geht meist direkt nach Berlin“, sagt die 33-jährige Sekretärin, „in Potsdam gibt es entweder nur deutschsprachige Spielgruppen oder deutsch-französische Sprachlerngruppen für Schulkinder, nicht aber für Kleinkinder wie in unserem Fall“.
In Karlsruhe war Nathalie Faivre auf eine Europaschule gegangen, wo sie zweisprachig unterrichtet worden war. Dies will sie auch ihren eigenen drei unter fünf Jahre alten Kindern ermöglichen, unter anderem, damit sie sich mit ihren französischen Verwandten und Großeltern verständigen können. Da Damien Faivres Arbeitsverhältnis zudem nur befristet ist, könnten ihre Sprachkenntnisse im Falle eines erneuten Umzuges von Vorteil sein. „Wir wissen nie, wo wir das nächste Mal hinkommen“, so Faivre.
Die Faivres pflegen neben der Sprache noch andere Gepflogenheiten der zweiten Heimat, vor allem französisches Essen und die entsprechende Tischkultur: Abendbrot mit Stulle und Aufschnitt gibt es bei ihnen nicht, jeden Abend wird warm und reichlich gegessen. „Jeder Besucher muss uns immer Senf und Käse aus Frankreich mitbringen, den wir hier nicht kriegen“, sagt Faivre lächelnd. Französische Fernsehsender seien allerdings nicht so wichtig. Dennoch: „Die Kinder sollen erfahren, dass das Französische hier zu Hause nicht nur so eine kleine Insel ist“, meint die dreifache Mutter.
Vor zwei Jahren taten sich die Faivres daher mit drei weiteren Familien mit einem ähnlichem Anliegen zusammen. Sie versuchten, weitere Familien zu finden und ihre Sache publik zu machen. Das war jedoch gar nicht so einfach: „Wir haben bei Kitas gefragt, ob sie deutsch-französische Kinder haben, aber natürlich wollte man uns verständlicherweise weder dort noch beim Jugendamt Adressen weitergeben“, so Faivre. Anzeigen in der Zeitschrift Potskids und Aushänge in Kitas folgten.
Anfangs hatten sich die Familien einfach so getroffen und ihre Kinder zusammen spielen lassen, doch seit Dezember 2010 kommt jeden Mittwoch ein Pädagoge der Spielsprachschule „Ludolangue“ aus Berlin nach Potsdam und leitet eine einstündige Spielgruppe.
Zu Hause bei den Faivres selbst herrscht Arbeitsteilung: „Ich spreche mit meinen Kindern nur Deutsch und mein Mann nur Französisch. Wir kaufen viele französische Bücher, CD’s oder Hörspiele für sie, aber untereinander sprechen sie eigentlich nur deutsch. Es gibt einfach zu wenig andere Kinder hier, mit denen sie französisch sprechen könnten“, sagt Faivre. Erik Wenk
Wenn sie sich mit den deutsch-französischen Familien in Kontakt setzen wollen, wenden sie sich an Nathalie Faivre (ndfaivre@yahoo.de oder 0172 2513452) oder an www.ludolangue.com
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