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Landeshauptstadt: Nur der Revierpolizist ist echt

In der „Stadt der Kinder“ wird seit Montag wieder gehämmert. Morgen gibt es höchst offizielles Stadtrecht

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Bevor man etwas sieht, kann man etwas hören. Das ununterbrochene Hämmern, das durch das Unterholz dringt, verrät die Aktivitäten der Kinder von weitem. Im Nuthewäldchen hinter dem Bürgerhaus am Schlaatz verbringen auch in diesem Jahr wieder täglich bis zu 180 Kinder und etwa 50 Helfer zwei Wochen mit dem Bau ihrer Stadt.

„Die ersten stehen schon Viertel nach Acht vor dem Tor, das um neun aufgesperrt wird“, sagt Koordinatorin Anja Pentrop, Kulturarbeiterin im Bürgerhaus am Schlaatz. Zu der Zeit sitzen die Helfer in der Frühstücksrunde. Hat der Tag erstmal begonnen, ist eine Verständigung oft mühsam. Neuigkeiten werden dann vom „Presse-Team“ an der Litfasssäule angeschlagen. Zum Beispiel, dass die Kinder über den Namen der Währung abgestimmt haben. „Kids-Dollar“ soll die heißen. „Aha, das wusste ich auch noch nicht“, sagt Pentrop beim Rundgang durch das Gelände.

Die „Stadt der Kinder ist eine Aktion mehrerer Vereine, Verbände und Initiativen der Stadt. Diese unterstützt das Projekt mit 20 000 Euro. So ist die Teilnahme inklusive Verpflegung kostenlos. Auch eine Anmeldung ist nicht nötig. Man will mögliche Hemmschwellen niedrig halten, damit genau die Kinder kommen, die das Ferienangebot dringend brauchen. Und so geht es es nach der Maxime, wer zuerst kommt, mahlt zuerst. „Wir mussten bisher aber noch niemanden weg schicken“, sagt die Betreuerin. Wer groß genug ist, darf außerdem schon Junghelfer werden.

Zwei Wochen lang wird an einer Stadt gebaut, die sich die Kinder selbst ausdenken. Nach einem ordentlichen Plan entstehen in Gruppenarbeit Häuser, die dann ausgestaltet und – in der zweiten Woche – belebt werden.

Von Montag bis Mittwoch wird vornehmlich gehämmert, Europaletten dienen als Bodenplatten, auf die einfache Holzwände gesetzt werden. Vieles gelingt nur in Teamarbeit, dazu braucht es die Anleitung der Betreuer. „Die meisten kommen aus dem Sport, der Theater- oder Sozialpädagogik mit Erfahrungen in kreativen Berufen“, sagt Anja Pentrop. „Wichtig ist es, den Kindern zu zeigen, wie man Ideen umsetzt.“

Ideen haben sie viele. In diesem Jahr sollen jeweils eine Räuberhöhle, Bank und Schule entstehen, außerdem eine Polizeistation und ein Gefängnis. Sogar Revierpolizist Thomas Kraft hat sich angekündigt, um eine echte Polizistenschulung durchzuführen. Für den Freizeitbereich ist auch gesorgt: Kino, McDonalds und Radiotempel stehen im Stadtplan. Wohnhäuser sucht man vergeblich auf dem Terrain: „Braucht ja keiner, die Kinder gehen hier ja nur zur Arbeit“, gibt Anja Pentrop das Selbstverständnis der Baumeister wieder. Die haben sogar eine eigene PR-Agentur. Im Presse-Zelt steht eine gesponserte Schreibmaschine, auf der Texte für die Tageszeitung „Stadt der Kinder Aktuell“ getippt werden. Auch Flyer und Mitteilungen für die Pinwand werden hier verfasst. Dass die Bank hier auch Kreditkarten aus Bierdeckeln fertigen lässt, nimmt niemand so genau.

Zwei Häuser weiter, am „Stadtrand“, arbeitet Yasin mit Freunden am Pflanzen-Wohlfühl-Paradis. Wenn das Dach drauf ist, sollen dort Pflanzen wachsen, eine Terrasse und ein Teich sind geplant, falls ein Anwohner eine Wanne sponsert. „So läuft das oft, wir schreiben auf die Tafel am Eingang, was wir brauchen, da kommt manches zusammen“, sagen die Helfer. Am morgigen Freitag wird Sozialdezernentin Elona Müller-Preinesberger erwartet, die der Siedlung das Stadtrecht verleiht. Freilich nur für eine Woche: Am 6. Juni werden die Häuser versteigert, müssen dann allerdings auch gleich mitgenommen werden. „In der Regel passen die auf einen normalen PKW-Anhänger“, sagt Pentrop. In vielen Potsdamer Gärten sollen schon welche stehen.

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