zum Hauptinhalt
Gar keine sonnigen Aussichten: Wann die Sportler wieder am Luftschiffhafen trainieren können, ist völlig unklar.

© Lutz Hannemann

Lage am Luftschiffhafen: Ohne Ersatz

Selbst fünf Wochen nach Sperrung der Sporthallen am Luftschiffhafen steht die Suche nach Alternativen noch immer ganz am Anfang. In der Stadtpolitik ist Streit entbrannt, wer dafür die Verantwortung trägt. Ein Überblick über die drängendsten Fragen.

Stand:

Potsdams Sportvereinen laufen die Mitglieder weg, die Sportschule bangt um den nächsten Jahrgang – aber einen Fahrplan zur Instandsetzung und Wiedereröffnung der Anfang Dezember wegen Einsturzgefahr geschlossenen Sporthallen auf dem Luftschiffhafen-Areal konnten die Verantwortlichen bislang nicht vorlegen. Nach der Sitzung des Hauptausschusses am Mittwochabend und einer am Donnerstag von der Pro Potsdam einberufenen Pressekonferenz bleiben noch viele Fragezeichen. Die PNN geben einen Überblick.

Wie weit ist die Ursachenforschung?

Bei der Ursachenforschung für die Sperrung der möglicherweise einsturzgefährdeten Hallen am Luftschiffhafen prüft die Stadtverwaltung auch, ob die Probleme auch wegen fehlender Instandhaltungsmaßnahmen aufgetreten sind. Das sagte die Chefin des Rechtsamts, Karin Krusemark, am Mittwochabend im Hauptausschuss. Unter anderem ist nach PNN-Informationen unklar, ob der Zustand der Hallen jährlich überprüft wurde – wie es Bundesvorschriften empfehlen. Die zuständige Sportbeigeordnete Iris Jana Magdowski (CDU) hatte im Hauptausschuss eingeräumt, dass in Bezug auf regelmäßige Kontrollen der Hallen „das Geld für manche Dinge fehlte.“ Nach Angaben der Luftschiffhafen GmbH, die die Hallen seit 2009 betreibt, habe es seitdem regelmäßig Begehungen gegeben. Zu tiefer gehenden Untersuchungen habe bei einem weniger als zehn Jahre alten Dach kein Anlass bestanden, so LSH-Geschäftsführerin Petra Runge am Donnerstag.

Bisher galt unter anderem Pfusch am Bau als eine Ursache der Probleme. Im Hauptausschuss sagte der für die Untersuchung ebenfalls zuständige Rechnungsprüfer Christian Erdmann, tatsächlich seien Teile des alten Daches auf der Leichtathletikhalle wegen ihres guten Zustands mit Zustimmung aller am Bauprozess beteiligten Firmen und Behörden überbaut worden. Dies sei eine Sparmaßnahme gewesen, um an anderer Stelle gestiegene Kosten auszugleichen. Offen sei aber, ob über diesen Plan mit einem Baustatiker gesprochen worden sei, so Erdmann. Zur Ordnungsmäßigkeit der Planänderung zum Überbau des Daches sei ein weiteres Gutachten beauftragt, sagte Erdmann.

Wann können die Hallen frühestens wieder genutzt werden?

Das ist derzeit völlig unklar. Petra Runge von der Luftschiffhafen GmbH sagte, dass sich die Gutachten zum genauen Zustand der Hallen nicht beschleunigen lassen könnten. Unter anderem seien Labor-Untersuchungen zur Betonqualität veranlasst worden. Runge sagte auch, bei der Schwimmhalle seien wohl noch nicht alle Mängel bekannt. Das müsse das Gutachten ergeben. Bei der Leichtathletikhalle gebe es wegen der Überlastung des statischen Systems keine kurzfristige Möglichkeit, diese wieder zu öffnen.

Was sagen die betroffenen Sportler?

Im Hauptausschuss am Mittwoch hatten Elternvertreter der Elite-Sportschule am Luftschiffhafen gesagt, mit der Schließung der Hallen seien über Nacht Trainings- und Unterrichtsmöglichkeiten für sechs der elf angebotenen Sportarten weggefallen – nur für die Hälfte seien bisher Ausweichmöglichkeiten gefunden worden. Sollte dies über Monate so bleiben, würde die Perspektive der Sportschüler zerstört – auch im Hinblick auf künftige Olympia-Teilnahmen. Durch die zusätzlichen Fahrtzeiten zu den Ersatztrainingsorten hätten 13-Jährige derzeit „Arbeitstage“ von bis zu 14 Stunden. Ebenso wurde gewarnt, dass sich Eltern potenzieller Schüler angesichts der ungewissen Situation gegen die Potsdamer Sportschule entscheiden könnten (siehe Interview). Schwimmtrainer Jörg Hoffmann sieht nun akuten Handlungsbedarf. Nachdem klar sei, dass die Schwimmhalle für längere Zeit nicht genutzt werden könne, müsse eine Alternative her. „Wir sind mit unserer Geduld am Ende“, so Hoffmann. Traglufthallen mit mobilen Becken würden bei jeder Europameisterschaft zu Trainingszwecken aufgestellt. Lösungen seien also möglich.


Wie reagieren die Stadtpolitiker?

Selbst Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) zeigte sich im Hauptausschuss entnervt. „Leider wird das alles sehr vage beschrieben.“ Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg sagte am Donnerstag, im Hauptausschuss habe sich die „blanke Hilflosigkeit“ der Verantwortlichen im Luftschiffhafen gezeigt. Dass der verantwortliche LSH-Geschäftsführer Klemund wegen Urlaubs nicht erschienen sei und wichtige Informationen nicht vorlagen, bezeichnete Scharfenberg als verantwortungslos. Die Potsdamer Junge Union fordert Klemunds Rücktritt. Peter Schüler von den Grünen sagte, ein Rücktritt sei in der zugespitzten Situation nicht hilfreich. Allerdings übte er deutliche Kritik: „Es ist eigentümlich, dass Herr Klemund nicht erschienen ist oder zumindest sachkundig vertreten wurde.“ Potsdams SPD-Chef Mike Schubert forderte von Sportverwaltung und LSH einen schriftlichen Bericht über die Suche nach Alternativen für die gesperrten Hallen. Die Kosten müssen umgehend auf den Tisch, damit wir eine Entscheidung treffen können, so Schubert.

Welche Alternativen für den laufenden Sportbetrieb gibt es bereits?

Bereits vor den Weihnachtsferien waren die Vereine zusammengerückt, um beispielsweise die Schwimmhalle am Brauhausberg für gemeinsame Trainingszeiten zu nutzen. Schwimmer können auf zwei Bahnen in der Bundeswehr-Schwimmhalle in Geltow trainieren. Außerdem wurde die schon geschlossene Fechthalle im Luftschiffhafen wieder genutzt.

Ist eine Traglufthalle als Ersatz denkbar?

Für eine Traglufthalle als temporären Ersatz hat die LSH mehrere Angebote eingeholt. Die Kosten für die Anschaffung liegen bei etwa 150 000 Euro. Teurer wäre es, in einer solchen Halle ein mobiles Schwimmbecken von olympischen Ausmaßen zu installieren: Etwa 650 000 Euro seien dafür nötig, so die LSH. Dazu kommen noch Kosten für Duschen, Umkleiden und Betrieb. Erfahrungen mit einer Traglufthalle gibt es unter anderem in Moers am Niederrhein. Dort wurde ab 2008 ein bestehendes Freibad vorübergehend überdacht, während die Kommune ein neues Hallenbad errichtete. Die mittlerweile abgebaute Konstruktion könne Potsdam sofort haben, so Dirk Hohensträter vom Schwimmbadbetreiber aus Moers.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })