Landeshauptstadt: Ohne Oscar, aber „sehr bereichert“
Die Potsdamerin Nadja Uhl reiste als Hauptdarstellerin des Films „Twin Sisters“ zur Nacht der Nächte nach Hollywood
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Die Potsdamerin Nadja Uhl reiste als Hauptdarstellerin des Films „Twin Sisters“ zur Nacht der Nächte nach Hollywood Von Sabine Schicketanz Nadja Uhl nennt es bescheiden „ein Geschenk“. Doch einfach geschenkt bekommen hat die Potsdamer Schauspielerin den Erfolg nicht. „Ich habe meine Projekte sehr sorgfältig ausgewählt, auch um den Preis der Nicht-Popularität.“ Darauf, dass sich Qualität schließlich durchsetzt, hat sie nie zu spekulieren gewagt. Aber sie hat sich durchgesetzt: Sonntagnacht schritt Nadja Uhl gemeinsam mit den Größen der Leinwand, mit Nicole Kidman, Catherine Zeta-Jones, mit Johnny Depp und Bill Murray in Hollywood über den legendären roten Teppich zur Oscar-Verleihung. „Twin Sisters“ heißt der niederländische Film, in dem Uhl die Hauptrolle spielt und der als „Bester ausländischer Film“ nominiert war. Dass der Oscar-Gewinner in dieser Kategorie letztlich „Invasion der Barbaren“ hieß, beschert dem Erfolg keinen Abbruch. „Wir haben nicht verloren, allein eine Nominierung zählt wahnsinnig viel“, sagt Uhl. Und: „Wenn man in so eine Liga gebeten wird, relativiert sich jede Enttäuschung.“ Außerdem hat Nadja Uhls Schauspiel – Anfang der 90er-Jahre hat sie es als Ensemblemitglied am Hans Otto Theater gezeigt – in Hollywood mehr als nur ein Kopfnicken hervorgerufen. Academy Award-Mitglieder haben „Twin Sisters“ ausführlich besprochen, „es ist sehr berührend und motivierend, wenn man in solch einem Rahmen so gelobt und herausgestellt wird“, sagt Nadja Uhl. Fast einem Hollywood-Adelstitel kommt es gleich, dass Harvey Weinstein, legendärer Chef des Miramax-Studios, die Verfilmung des Bestsellerromans von Tessa de Loo für den US-amerikanischen Markt gekauft hat – alles andere als selbstverständlich für eine europäische Produktion. Im Herbst soll „Twin Sisters“ in den US-Kinos laufen, und Weinstein hat schon verkündet, dass er Nadja Uhl für weitere Filme gewinnen will. „Mal sehen, was daraus wird“, sagt die Potsdamerin. Dass sie in Hollywood Eindruck machen wird in der Rolle der Anna, einer „sehr deutschen Frau“, die als Sechsjährige von ihrer Zwillingsschwester Lotte getrennt wird und ihr Leben im Deutschland der Nazis führt, davon ist auszugehen. Wegen der Brisanz der Geschichte hat Autorin Tessa de Loo ihr Land verlassen, „sieben Jahre konnte der Film nicht finanziert werden, es konnte keine deutsche Beteiligung aufgetrieben werden“, so Uhl. Das sei ein Armutszeugnis für den deutschen Film. Erst kürzlich hat sich endlich ein deutscher Verleih gefunden, in den Kinos wird „Twin Sisters“ hierzulande sogar später anlaufen als in den USA, und zur Berlinale wollte man den Film auch nicht zeigen. Dies alles habe in den USA für Irritationen gesorgt, sagt Uhl. „Deutschland hat eine gute Chance verpasst, sich auf mutige Art mit seiner Geschichte auseinander zu setzen.“ Bevor sie selbst den nächsten guten Stoff anpackt, will Nadja Uhl im Urlaub Kraft tanken. „Ich bin vollkommen erschöpft“, sagte sie gestern nach ihrer Rückkehr aus Hollywood. Jede Minute der Oscar-Reise sei „sehr komplex, sehr intensiv“ gewesen, harte Arbeit im angenehmen Umfeld. Ob ein erneutes Treffen mit Harvey Weinstein, ein Gespräch mit Tom Hanks, ein Platz am Tisch von Jude Law, ein Blick in einen Saal voller Gesichter, zu denen jeder Cineast Kinogeschichten erzählen kann – für Nadja Uhl zählte die Kreativität, die Ballung von Talent. „Die Stars haben keine Berührungsängste“, sagt sie. Man könne sich mit ihnen tatsächlich unterhalten, abseits von „oberflächlichem Blabla“. Vielleicht auch deshalb ist Nadja Uhl nicht aufgeregt gewesen, nicht mal am Tag der Verleihung, die übrigens im Fernsehen viel aufregender aussehe als sie tatsächlich sei. „Ich bin total glücklich da herumgelaufen, ich habe es genossen. Und ich fühle mich sehr bereichert.“
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