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So sehen Spuckspeichel-Covid-19-Antigentests aus

© dpa

Die Corona-Lage in Potsdam am Freitag: Operation Spucktest hat begonnen

Mit zusätzlichen Schutzmaßnahmen will Potsdam ab Montag einen Kitabetrieb in Corona-Zeiten ermöglichen. Bisher läuft alles nach Plan. Die Frage ist: Kann das ein Modell für das Land Brandenburg sein?

Die Stadt rüstet sich für die geplante Öffnung der Kitas ab Montag: Damit die mehr als einhundert Einrichtungen trotz der angespannten Corona-Lage wieder für alle Kinder öffnen können, haben Stadt und Klinikum am Freitag tausende Antigen-Spucktests an die Betreiber der Kindertagesstätten und Krippen ausgeliefert. Das sagte Rathaussprecherin Juliane Güldner, auch mehrere Kitabetreiber bestätigten gegenüber den PNN den Eingang der Testutensilien. „Ab Montag kann bei uns getestet werden“, sagte etwa ein Sprecher der mit rund zwölf Kitas in Potsdam aktiven Fröbel-Gruppe. Die Chefin der Potsdamer Arbeiterwohlfahrt (Awo), Angela Schweers, die gleich selbst Spucktests in Größenordnungen bestellt hatte, sagte den PNN, die Bedienungsanleitungen für die Spucktests seien aus ihrer Sicht verständlich.

Angela Schweers
Angela Schweers

© Martin Müller

Das ist wichtig: Denn wie berichtet sollen die rund 2500 Erzieher:innen die Tests jeden Montag und Donnerstag vor Dienstbeginn zu Hause verpflichtend benutzen – um bei einem positiven Ergebnis sofort Alarm schlagen zu können. Dazu ist eine Allgemeinverfügung erlassen worden, die auch eine Pflicht zum Tragen von medizinischen Masken in den Kitas vorsieht. So will Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) den Kitabetrieb in Corona-Zeiten sicherer machen und eine Ausbreitung gerade der hoch ansteckenden Virus-Mutationen im Keim unterbinden. Den Plan hatte die Stadtspitze am Donnerstag vor Journalisten erläutert. Demnach sollen Spucktests auch in geöffneten Abschlussklassen der Schulen bei Corona-Symptomen zum Einsatz kommen. Das Land sieht bisher lediglich anlassunabhängige Schnelltests für Erzieher und Lehrer bei Ärzten vor.

Die Kosten für die Testung will die Stadt zahlen

Welche Tests von welchem Hersteller zum Einsatz kommen, nannte die Stadtverwaltung am Freitag nicht – man entscheide sich je nach Einkauf und Lage, Angebot und Nachfrage für das wirtschaftlichste Angebot. Die Kosten dafür stelle man noch zusammen, so die Stadt. Allerdings seien die Tests auf der Liste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte zu finden, betonte Stadtsprecherin Güldner – damit sind sie zur professionellen Anwendung zulässig. Auch das Potsdamer Gesundheitsamt habe sich auf Grundlage der aktuellen Studienlage und von Erfahrungen aus Städten wie Magdeburg für die Anwendung der Tests ausgesprochen, da diese „eine hohe Sensitivität besitzen und einfach in der Handhabung sind“. Ferner habe es auch mehrere Rücksprachen mit dem Landesgesundheitsministerium gegeben.

Das Gesundheitsministerium rät zur Vorsicht

Ministeriumssprecher Gabriel Hesse sagte den PNN, solche Spucktests könnten „gerade in Regionen mit sehr hohen Infektionszahlen eine ergänzende Maßnahme zur Eindämmung sein“. Man müsse aber beachten, dass in einer Speichelprobe das Virusmaterial sehr gering sein könne – und dies zu einem falsch negativen Ergebnis führen kann: man also infiziert ist, aber der Test nicht anschlägt. Negative Ergebnisse dürften „zu keinem falschen Sicherheitsgefühl führen“, warnte der Ministeriumssprecher. Umgedreht könne es aber auch dazu kommen, „dass ein positives Ergebnis angezeigt wird, wenn die Person gar nicht infiziert“ ist – daher müsse, wie Potsdam es plant, ein positives Schnelltestergebnis mit einem PCR-Test bestätigt werden.

Stufenkonzept für den Kitabetrieb

Bei positiven Fällen in den Kitas will die Stadt auch alle anderen Mitarbeiter und Kinder testen lassen, um einen Ausbruch eindämmen zu können. Notfalls sollen einzelne Kitas in der Konsequenz auch schließen und nur noch Notbetreuung anbieten. Ferner soll, falls die Corona-Zahlen in Potsdam wieder stark steigen sollten und eine Inzidenz von 200 erreicht wird, die dann vorgesehen Notbetreuung gedeckelt sein – damit maximal 50 Prozent aller Kinder in Einrichtungen kommen. Bei der bis jetzt angebotenen Notbetreuung für Eltern aus systemrelevanten Berufen oder Alleinerziehende waren laut Rathaus in einzelnen Einrichtungen, zum Beispiel in der Betriebskita des Bergmann-Klinikums, „Bergmännchen“, rund 70 Prozent der Kinder anwesend. Im Stadtdurchschnitt hatte noch knapp die Hälfte der Kinder die Notbetreuung besucht.

Die Vorgaben für Kitas sind dabei schärfer als vom Land formuliert. Brandenburg fordert – anders als die meisten anderen Bundesländer – eine Schließung von Kitas erst ab einer Inzidenz von 300 und setzt bisher auch nur auf freiwillige Testungen von Kita-Mitarbeiter:innen. Das hatte die Gewerkschaft Verdi bereits heftig kritisiert. Sie forderte im Sinne des Gesundheitsschutzes mindestens regelmäßige Schnelltests für die Erzieher. Das soll in Potsdam mit den Spucktests nun umgesetzt werden.

Insofern begrüßte der Potsdamer SPD-Fraktionschef und Landtagsabgeordnete Daniel Keller das Vorgehen von Schubert. Das Potsdamer Modell werde man auch in der Landtagsfraktion diskutieren, sagte Keller den PNN. Das Landesbildungsministerium hat sich bisher noch nicht weiter offiziell  zu dem Programm geäußert. Es bleibe den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe unbenommen, weitere Arbeits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen in den Kitas umzusetzen, sagte eine Sprecherin des Ministeriums am Freitagabend auf PNN-Anfrage - und sie verwies auf die im Ländervergleich schon "großzügigen" Testmöglichkeiten für Lehrer und Erzieher, was so auch fortgesetzt werde.

Wie berichtet will die Stadt auch Besucher- und Hygieneauflagen für die besonders von Corona-Ausbrüchen betroffenen Seniorenheime verschärfen. Außerdem soll mit Hilfe der Spucktests auch schrittweise der Bürgerservice wieder arbeitsfähig werden.

Inzidenz unverändert über 100

Die Kita-Öffnung erfolgt in einer noch ernsten Lage. Seit rund einer Woche verharrt die Sieben-Tage-Inzidenz in Potsdam auf einem Wert zwischen 110 und 115. Zuvor war sie im harten Lockdown stetig gefallen, von Werten über 250, die noch Mitte Januar erreicht wurden. Das zeigen die vom Gesundheitsamt täglich veröffentlichten Corona-Zahlen. Als Zielmarke gilt die 50'er Inzidenz.

Am Freitag kamen 42 neue Infektionen dazu. Ferner musste die Stadt einen weiteren Todesfall im Zusammenhang mit Corona melden – die Gesamtzahl der Verstorbenen liegt nun bei 195, das sind 24 mehr als noch vor einer Woche. Die Zahl der Potsdamer in Quarantäne liegt aktuell bei 510 – das waren 180 Personen weniger als vor einer Woche. Ein Viertel davon sind Kinder und Jugendliche. In den Kliniken der Stadt liegen aktuell 90 Covid-Patienten, davon 24 auf Intensivstationen. Das sind jeweils drei Menschen mehr als noch vor einer Woche.

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