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Landeshauptstadt: Original mit Untertiteln aus Babelsberg

Während andere auf Donnerstag warten müssen, um in den Kino-Marathon der Berlinale starten zu können, kennt Gerhard Lehmann viele der Filme schon heute. Genau genommen: 40.

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Während andere auf Donnerstag warten müssen, um in den Kino-Marathon der Berlinale starten zu können, kennt Gerhard Lehmann viele der Filme schon heute. Genau genommen: 40. So viele Kopien hat seine Babelsberger Firma, die Film und Video Untertitelung Gerhard Lehmann AG, für die diesjährigen Filmfestspiele mit Untertiteln versehen. Das hat Tradition: Seit 1990 beliefert Lehmann das Festival mit Untertiteln, mehr als 500 Filme waren es insgesamt schon.

Seine erste Berlinale liegt allerdings weiter zurück: „Im Juni 1963 war das, während der Festspiele war Kennedy in Berlin“, erinnert sich Lehmann: „Es war ein großes Ereignis.“ Damals fanden die Internationalen Filmfestspiele noch im Sommer statt - „richtig toll“, schwärmt Lehmann. Er selbst war 16 Jahre alt und als Festival-Praktikant dabei. Wegen des Staatsbesuches habe Chaos auf den Straßen geherrscht, erzählt Lehmann. Und das Festivalteam, kaum zwei Dutzend Leute, war elektrisiert: „Es gab plötzlich das Gerücht, dass der Regierende Bürgermeister Willy Brandt Kennedy zum Berlinale-Empfang mitbringen würde, da haben alle mitgefiebert.“

John F. Kennedy kam dann zwar nicht. Prominente Gäste traf Lehmann trotzdem genug: „Ich habe den Schauspieler Rod Steiger vom Flughafen abgeholt, war mit Sidney Poitier im Kino“, erzählt er. Das Praktikum sollte sein Einstieg ins Film-Geschäft werden. 1964 war Lehmann noch einmal dabei, um danach eine „lange Pause“ zu machen. Er arbeitete unter anderem für einen Filmverleih in Hamburg, ehe er sich mit der Untertitel-Firma selbständig machte und auch wieder zur Berlinale kam, 1990. Damals lieferte Lehmann die Kopien noch vom Rheinland aus, erst 2001 kam er nach Potsdam-Babelsberg.

Untertitel brennt er mit seinem 20-köpfigen Team heute das ganze Jahr über, und doch ist die Berlinale-Zeit eine Ausnahme, weil die Arbeit sehr kurzfristig geplant wird: „Die Filme werden ja erst Anfang des Jahres bekannt gegeben“, erklärt Lehmann. In diesem Jahr stehen unter anderem die Studio-Babelsberg-Koproduktion „Der Vorleser“, „Effi Briest“, „Storm“, „Hilde“ und „The Messenger“ auf der Liste, die Lehmann gerade abarbeitet: „Wir werden mit den Untertiteln in der Regel so zur Mitte des Festivals fertig“, erklärt er. Einen Lieblingsfilm hat er auch schon im Film-Jahrgang 2009: „Der chinesische Film ’Forever Enthralled’ hat mich begeistert", sagt Lehmann. Die Filmbiografie über den chinesischen Opernstar Mei Lanfang läuft im Wettbewerb der Berlinale – im Original mit Untertiteln aus Babelsberg. Jana Haase

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