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Von Guido Berg: Ortsgespräch mit Gott

Geist schlägt Größe: Ausstellung im Kutschstall zeigt die Entwürfe für die neue Potsdamer Synagoge

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Innenstadt - Die Ausstellung den Wettbewerbsbeiträgen für den Neubau der Potsdamer Synagoge verdeutlicht eines: Die menschliche Kreativität ist in der Lage, viele Lösungen für ein und dieselbe Aufgabe zu finden. Die Architekten hatten für das jüdische Gotteshaus in der Schlossstraße einige Prämissen zu beachten. Doch es gibt Anbieter , die offenbar davon ausgingen, Originalität dadurch zu gewinnen, in dem sie die Vorgaben ignorierten. Als ein Imperativ gilt die Ausrichtung des Gebetssaals auf 133 Grad Ost, die Richtung zur Stadt Jerusalem. Der Berliner Rabbiner Yitzhak Ehrenberg verdeutlicht die Bedeutung Jerusalems für die Juden mit einem Witz: Warum kostet ein Anruf bei Gott mit dem roten Telefon des Papstes in Rom 50 Dollar, mit dem roten Telefon des Oberrabbiners in Jerusalem jedoch nur 50 Cent? Antwort: Weil es in Jerusalem ein Ortsgespräch ist.

Der Entwurf von Engel und Zimmermann, Berlin, verweigert sich der Jerusalem-Ausrichtung und dürfte sich somit um die Gewinnchance gebracht haben. Erschwerend kam eine fehlende Beachtung der Potsdamer Architektursprache hinzu, schließlich sprechen die Architekten selbst von einem „abstrakt kubischen Bau“ und sind der Ansicht, dass „das Volumen der Synagoge annähernd würfelförmig“ ist.

Eine zweites Kriterium ist die Begrenzung auf das Grundstück Schlossstraße 1 – obwohl doch die gesamte Schlossstraße/Ecke Friedrich-Ebert-Straße dem Land gehört und somit disponibel erscheint. Das Büro Manuel Herz Architekten setzt das Gotteshaus daher direkt auf die Ecke, da „nur diese Lage der Signifikanz des Gebäudes“ gerecht werde. Und weiter: „Städtebaulich verlangt die Blockecke nach einer bedeutungsvollen und inhaltlich wertvollen Nutzung“. Die gegenwärtige Diskussion um die Neubebauung der Ecke Yorckstraße/Friedrich-Ebert- Straße, Ersatzbau für das „Haus des Reisens“, verdeutlicht die Relevanz dieser Einschätzung. Allerdings hat ihr eigener Synagogen-Vorschlag die Jury nicht überzeugt; Assoziationen à la „das UFO ist gelandet, es ist ein Klingonen-Schiff“ sind nicht völlig abwegig. An die Bastille oder ähnliche Wehranlagen erinnert der Vorschlag der Enia Architekten aus Montreuil (Frankreich), die ebenfalls das Gesamtgrundstück in Beschlag nehmen.

Ein weiteres Kriterium war eine Annäherung an die historische Quartiersstruktur, welchem sich der freie Architekt Maik Seidel verweigerte, in dem er einen Bauwürfel in den Innenhof verschob. Davor entstand ein neuer Platz, den es nie gab, und der dem Gebot der behutsamen Annäherung an den historischen Potsdamer Stadtgrundriss widerspricht. Der Mut zur Lücke, er konnte nicht belohnt werden.

Einige Architekten lieferten Fassaden ab, die auch einem modernen Metropolen-Kaufhaus keine Schande gemacht hätten. Freilich gingen diese Entwürfe am Thema vorbei, den es geht ja um eine Synagoge in der Baukulturstadt Potsdam.

Sehr spannende Ideen hatten Tchoban und Voss, Franke Architekten und Terry Pawson aus London, die sich alle konsequent der beiden zwingenden Richtungen stellten, der der Schlossstraße und der nach Jerusalem. Es zeigt sich, dass Architekten, die sich örtlichen Zwänge stellen und nicht ignorieren, zu herausragenden Lösungen finden. Sehr sehenswert, sehr ambitioniert, aber wohl zu teuer ist auch der Entwurf der Generalplanungsgesellschaft mbH Berlin, der einen nach Jerusalem ausgerichteten haushohen Lichtschacht vorsieht.

„Stimmig, angemessen, einfach, solide, zeitlos und schön“ – so beschreibt der Leiter des Landesbetriebes für Liegenschaften und Bauen, Norbert John, den Siegerentwurf von Jost Haberland und Team. Zum Erfolg führte hier eine intensive Auseinandersetzung sowohl mit dem jüdischen Glauben als auch mit den Potsdamer Architekturgeschichte. Haberland plante zwei für Männer und Frauen getrennte Ritualbäder (Mikwen) ein. Und er kreierte einen Dachgarten für das jüdische Laubhüttenfest. Die Verwendung von Glindower Ziegeln für die Fassade des Sakralbaus schaute sich Haberland bei Schinkel und Persius ab – „die zelebrieren das ja“, sagte Jost Haberland.

Am Dienstagabend hatte Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD) die Ausstellung eröffnet. Da die zu gründende Synagogen-Stiftung vor der Aufgabe stehe, das nötige Geld einzuwerben, rief Fritsch im Kutschstall am Neuen Markt „alle Verantwortlichen und Interessierten“ auf, die Errichtung der Synagoge durch Spenden zu unterstützen.

Die Ausstellung ist noch bis zum 10. Mai im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte im Kutschstallhoff am Neuen Markt zu sehen.

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