Landeshauptstadt: Phantom-Erfolge und viel heiße Luft
Im Film-Jahr gab es erstmals ein Themenjahr-Projektbüro – dessen Nutzen ist aber fraglich geblieben
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Film ist Illusion, es wird getäuscht und vorgemacht, nicht existente Welten werden kreiert – und wie eine Illusion wirkt auch die Potsdamer Selbstbeweihräucherung zum „Jahr des Films“. Denn wirklichen Grund zum Feiern dürfte es bei der Stadt und vor allem dem erstmals dafür eingerichteten Projektbüro nicht geben. Eigene Akzente hat das Team unter Leitung der Medienwissenschaftlerin Elizabeth Prommer kaum gesetzt. Großen Ankündigungen des seit zwei Jahren arbeitenden Teams folgte oftmals wenig mehr als nur heiße Luft – dazu passten dann die flatternden Fahnen vor Filmdrehorten, die einzig wirklich wahrnehmbare Jahresaktion des mit öffentlichem Geld geförderten Projektbüros. Schon das Versprechen, zu jedem Film mit Stars aufzuwarten, wurde nicht gehalten. Selbst bei „Hexe Lilli“, 2008 in Babelsberg gedreht, schaffte es das Projektbüro nicht, ein Mitglied des Filmteams zum Kommen zu bewegen.
Wenn es um erfolgreiche Filmjahr-Präsentationen ging, waren es fast ausschließlich Partner, an denen die Arbeit hängenblieb. Die sehr gut besuchte Agentennacht an der Glienicker Brücke wurde vom Filmpark organisiert. Immerhin gab es Geld aus dem Stadtsäckel. Für die UFA- Filmnächte vor der Orangerie war federführend die UFA verantwortlich. Thalia, Lindenpark, Filmmuseum – die Liste der Partner ist lang – den Akteuren ist zu verdanken, dass es überhaupt ein Filmjahr gab.
Erfolgreich waren Stadtverwaltung und Projektbüro vor allem im Wecken von Hoffnungen, die nicht erfüllt wurden oder ungeschickter Öffentlichkeitsarbeit. So verkündete Büroleiterin Prommer bereits zur Tourismusbörse 2010 vollmundig eine Jubiläums-Gala des Studios Babelsberg in der Marlene-Dietrich- Halle – nichts war zuvor dazu offiziell abgesprochen. Die Verleihung des Deutschen Filmpreises „Lola“ in Potsdam, wie von Oberbürgermeister Jann Jakobs öffentlich gewünscht, blieb ebenso Fiktion.
Als „Ersatz“ gab es mäßig glamouröse Veranstaltungen wie das Jüdische Filmfestival, das zwar künstlerisch wertvoll ist, aber keine Verankerung in der Potsdamer Filmlandschaft hat. Die ITVA, ein medialer Interessenverband, veranstaltete seine Preisverleihung in Potsdam und die Stadt durfte sich über einen der zahlreichen ITVA- Awards freuen – einen extra geschaffenen, beliebig erscheinenden Sonderpreis, der an den unerklärlichen Sonder-Bambi für Tom Cruise erinnert.
Wirklich preiswürdig war die Leistung des Filmjahr-Projektbüros nicht. Ideen aus der Filmbranche wurden nicht aufgegriffen, lieber verkrachte man sich zeitweise mit dem Studio Babelsberg, das daraufhin seine Kooperation auf ein Minimum beschränkte. Eine vermittelnde Rolle, die auch Aufgabe des Büros gewesen wäre, blieb aus. Die Initiative zur Erforschung der Geschichte des ältesten Kinos der Stadt, des Babelsberger „Thalia“, hatte Schwierigkeiten, das Interesse der Filmjahr-Verantwortlichen zu finden. Unterstützer des „Thalia“-Projekts konnten vielmehr berichten, dass die Stadt ihre kleine Förderung noch kürzen wollte, nachdem das Kino selbst die Projektunterstützung erhöhte.
Geld wurde indes ausgegeben für das Sammeln von Terminen und Veranstaltungen. Dafür werkelten im Projektbüro zeitweise drei Mitarbeiter. Dass es dabei offensichtlich um Masse statt Klasse ging, zeigt die stete Betonung, es habe mehr als 180 Projekte gegeben – wobei die Zahl mit Vorsicht zu genießen ist: Schließlich hätte die seit 2007 existente Kinderfilmuniversität auch stattgefunden, wäre das Jahr der Abwasserwirtschaft gefeiert worden. Sonderbar auch, dass die nach nur wenigen Wochen wegen Lizenzproblemen abgebrochene „Star Treck“-Ausstellung – das überflüssige „C“ wurde von den städtischen „Film-Experten“ hinzugefügt – als Erfolg bezeichnet wird. Und selbst Phantom- Veranstaltungen werden als Triumph verkauft. So wurde die Verleihung des Deutschen Preises für Synchron in der Erfolgsbilanz aufgeführt – eine Veranstaltung, die in diesem Jahr nie stattgefunden hat. Immerhin: So schließt sich der Kreis der Täuschung.
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