SONNTAGS um zehn: Plädoyer für die Traurigkeit
Passionspredigt mit Friederike von Kirchbach
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An Traurigkeit, an Trauer führt kein Weg vorbei. Man kann sie nicht wie ein Hindernis umfahren. Für den Tunnel, der durch den Berg geht, gibt es keinen alternativen Weg. Wer auf die andere Seite kommen will, muss durch.
Eine Erkenntnis, die Friederike von Kirchbach am Sonntagabend, am Beginn der Karwoche, den Zuhörern in der St. Nikolaikirche wohl vermitteln wollte. Die Pröpstin, die als stellvertretende Bischöfin der evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz fungiert, bestieg als letzte Predigerin der diesjährigen sechs Potsdamer Passionspredigten die Kanzel der Kirche am Alten Markt. Die Veranstaltungsreihe wurde vom Stadtkirchenpfarramt initiiert.
Leiden, Schmerz, Traurigkeit und Trauer waren auch in der begleitenden Tanz-Improvisation von Ruth Knaup dominant. In ergreifenden Bildern hat die Potsdamerin zu den sensibel improvisierten Orgelklängen von Björn O. Wiede das Aufgepeitscht-Dramatische und die verhaltene Stille der emotionalen Erregung dargestellt. Der Bitte um Trost verlieh Ruth Knaup Ausdruck, doch sie stellte dabei kein billiges Vertrösten in den Raum. Am Ende lag sie wie am Boden zerstört, doch auch von Hoffnung erfüllt, auf den Altarstufen. Zuvor hatten Pfarrerin Juliane Rumpel und Vikar Thomas Thieme in einem „WortOrt“ sich mit einer eigenen Lesart dem Thema zugewandt und dem Kreislauf von Traurigkeit, Trauer, Schmerz, doch auch Freude eindrucksvoll zu Gehör gebracht.
Friederike von Kirchbach gab in ihrer einprägsamen Predigt ein Plädoyer für die Traurigkeit, für die Trauer, die man annehmen sollte. „Vor allem der Tod ist unabänderlich, er hält keine Therapie bereit. Man muss diese Heimsuchung ertragen“, sagte die Pröpstin. Die Bibel verdränge nicht die Endlichkeit, doch sie habe eine Botschaft, eine Verheißung, die von der Freude berichtet. Im Johannes-Evangelium könne man davon lesen: „Ihr habt nun Traurigkeit; aber ich will euch wiedersehen, und euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen.“ Dieses Wort befindet sich in den Abschiedsreden Jesu, bevor er sich auf den Weg nach Jerusalem macht, wo ihn der Kreuzestod erwartet. Er verabschiedet sich von seinen Freunden, um für immer zu bleiben. Eine Auszeit gibt es für Jesus nicht, trotz Folter, Sterben und Tod. Klaus Büstrin
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