Landeshauptstadt: Politkarrieren vor dem Ende
Mit Rolf Kutzmutz und Peter Lehmann verlassen bekannte Stadtverordnete die Politik. Ein Vorausblick auf die Kommunalwahl
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Der 25. Mai ist der politisch für Potsdam spannendste Termin des Jahres – die Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung stehen an. Für die Wahlkämpfer ist der Ausgang des Votums völlig offen: Meinungsumfragen im Vorfeld der Kommunalwahlen gab es bisher nie. So ist ungewiss, ob zum Beispiel die CDU davon profitieren kann, dass sie die vergangenen Bundestagswahlen in Potsdam erstmals gegen die SPD gewonnen hat – oder ob sie darunter leidet, dass mit den Potsdamer Demokraten und dem Bürgerbündnis gleich zwei kleinere Wählergruppen um die Gunst des bürgerlichen Lagers buhlen. Die PNN geben eine erste Vorausschau.
Bekannte Politiker hören auf
Bei der Wahl werden mehrere Stadtverordnete nicht mehr antreten – unter anderem Peter Lehmann von der CDU, Rolf Kutzmutz von den Linken und möglicherweise auch Ute Bankwitz vom Bürgerbündnis. Der seit 24 Jahren als Stadtverordneter aktive Lehmann sagt: „Ich werde in diesem Jahr 72 Jahre alt – da trete ich nicht noch einmal an.“ Der 66 Jahre alte Kutzmutz sagt: „Es gibt auch viele andere, die vieles können.“ Seine Fraktion habe er über die Entscheidung informiert, erklärt Kutzmutz, der den wichtigen Bauausschuss leitet und bei der vergangenen Kommunalwahl zehntausend Stimmen für seine Partei holte. Auch der Rückzug von Bankwitz wird in den Gängen des Rathauses kolportiert – wie Lehmann saß sie seit 1990 im Stadtparlament. Die 57-Jährige sagt: „Ich habe mich noch nicht endgültig entschieden.“ In der aktuellen Kandidatenliste ihres Bürgerbündnisses ist die frühere Frau von Ex-Ministerpräsident Matthias Platzeck nicht aufgelistet.
Die Ausgangslage
Gewinner der Kommunalwahlen am 28. September 2008 – die Wahlbeteiligung lag bei lediglich 51,7 Prozent – waren eindeutig die Linken, die 31 Prozent holten, gefolgt von der SPD mit 27,1 Prozent und der CDU mit 11,8 Prozent. Die Grünen holten damals 8,3 Prozent, die linksalternative Wählergruppe Die Andere fünf Prozent. Da bei Kommunalwahlen die Fünf-Prozent-Hürde nicht gilt, reichte es sogar für das Aktionsbündnis Nord-West mit lediglich 1,4 Prozent der Stimmen für ein Mandat im Stadtparlament.
Schon während der Legislaturperiode wurde das Stadtparlament gehörig durchgewirbelt: Von den 15 gewählten SPD-Vertretern gaben beispielsweise sechs ihr Mandat auf, es folgten Nachrücker. Dazu kamen etwa der Wechsel des früheren Linke-Parteichefs Pete Heuer zu den Sozialdemokraten, aber auch die Spaltung der Unions-Fraktion – die beiden einstigen CDU-Stadtverordneten Peter Schultheiß und Wolfgang Cornelius wollen mit der von ihnen gegründeten Wählergruppe der Potsdamer Demokraten erstmals um Stimmen werben. Nicht mehr im Stadtparlament vertreten ist die rechtsextreme DVU, ihr Stadtverordneter starb bei einem Unfall. Auch die Familienpartei ist kommunalpolitisch nicht mehr aktiv: Gegen zwei gewählte Stadtverordnete der Familienpartei ist wie berichtet am Landgericht Anklage wegen eines 2009 aufgeflogenen Spenden-Skandals erhoben worden – wann der Prozess beginnt, steht noch nicht fest. Politisch dominiert hat die Stadtverordnetenversammlung mehr als fünf Jahre lang die sogenannte Rathauskooperation – eine große Koalition aus SPD, CDU/ANW, Grünen und FDP.
Die Vorbereitungen laufen
Alle Parteien und Wählergruppen sind bereits damit beschäftigt, ihr Programm für die Kommunalwahl auszuarbeiten und Kandidaten für das Stadtparlament zu finden. Dabei zeichnet sich ab: Der Verkehr, die Finanzierung der neuen Schulen für Potsdam und die steigenden Mieten haben fast alle Wahlkämpfer als zentrale Themen in ihr Programm aufgenommen, wie eine PNN-Anfrage bei allen Parteien und Gruppen ergeben hat. Die CDU will bei der Kommunalwahl zudem das Thema Sicherheit auf die Agenda setzen, erklärt ihr Geschäftsführer Karl-Heinz Kollhoff. Das krachende Scheitern der rot-roten Polizeireform bekomme Potsdam besonders bitter zu spüren, so Kollhoff: „Es fehlen Polizisten an allen Ecken und Enden.“
Das Bürgerbündnis ist mit seinen Vorbereitungen rein personell gesehen am weitesten: Eine neue Internetseite stellt bereits Kandidaten vor. Unter anderem tritt der bei der Bürgerinitiative „Mitteschön“ aktive Architekt Christian Wendlandt an, ebenso die Büroleiterin der Potsdamer Tafel, Imke Eisenblätter. Gesetzt ist auch der Stadtverordnete und Bauunternehmer Wolfhard Kirsch. Die anderen Parteien und Wählergruppen wollen ihre Kandidaten zwischen Januar und März aufstellen.
Bei den Linken steht bereits fest, dass deren Kreischef Sascha Krämer erstmals ins Stadtparlament einziehen will – und auch seine Parteifreundin, Brandenburgs Gesundheitsministerin Anita Tack, wird erneut kandidieren. Als gesetzt gilt auch der seit 1990 im Stadtparlament aktive Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg. Er habe auch „positive Signale“, dass auch andere langjährige Weggefährten wie die frühere Stadtpräsidentin Birgit Müller erneut antreten, so Scharfenberg.
Bei den Grünen will unter anderem die seit 1990 in der Stadtpolitik aktive Fraktionschefin Saskia Hüneke wieder antreten. Dazu stellt sich die Frage, ob die 190 Parteimitglieder erneut den umstrittenen Stadtverordneten Andreas Menzel aufstellen. Er selbst will wieder ein Mandat. „Wen die Partei vorne platziert, ob Frau Hüneke oder einen erfolgreichen Fundi wie mich – das wird sich zeigen“, sagte er. Schließlich sei er einer der Leistungserbringer in der Fraktion. Menzel hat sich über die Jahre viele innerparteiliche Auseinandersetzungen geliefert, etwa mit dem Grünen-Baudezernenten Matthias Klipp. Bei den Grünen gilt Menzel daher zunehmend als isolierter Einzelkämpfer.
Kein rot-rotes Bündnis in Sicht
Für ein rot-rotes Bündnis nach den Kommunalwahlen – analog zur Landesebene – spricht derzeit nur wenig. Die Linke setzt erklärtermaßen auf ein Modell der wechselnden Mehrheiten, wie es vor 2008 die Politik im Stadtparlament prägte. Die SPD dagegen strebt eine „stabile Gestaltungsmehrheit“ an, wie ihr Chef Mike Schubert es nennt: „Wechselnde Mehrheiten sind zu unsicher, da sich einige Parteien erfahrungsgemäß nur die Rosinen herauspicken und keine Gesamtverantwortung übernehmen wollen.“ Auch lobt Schubert die Arbeit der Kooperation: „Sie war stabiler als alle politischen Konstellationen, die es bisher in Potsdam gab.“ Allerdings wolle die SPD ohne Koalitionsaussage in die Wahlen gehen. So halten es auch die anderen Partner in der Kooperation – das werde von der Zusammensetzung des Stadtparlaments nach der Wahl und den jeweiligen Politikvorschlägen abhängen, heißt es unisono. FDP-Kreisvize Olaf Wolters sagt, sollte etwa die SPD eine Renaissance der Tourismusabgabe anstreben, wäre eine Fortsetzung der Kooperation nur schwer denkbar.
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