Landeshauptstadt: Polizei ist Einbrechern auf den Fersen
Verunsicherte Händler: Die Zahl der Ladendiebstähle und Einbrüche in der Innenstadt hat sich verdoppelt
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Innenstadt - Bei der Suche nach Einbrechern, die seit Monaten die Innenstadt unsicher machen, haben die Ermittler eine neue heiße Spur. Die Polizei prüfe momentan Personen und Umstände im Zusammenhang mit Einbrüchen rund um die Brandenburger Straße, sagte Sicherheitsspezialistin Renate Michael von der Potsdamer Polizei: „Es sieht erfolgsversprechend aus.“ Details nannte sie aus ermittlungstaktischen Gründen nicht.
Renate Michael war eine der Referenten, die am Montagabend bei einer Informationsveranstaltung der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu „Sicherheit im Einzelhandel“ sprach. Etwa 50 Unternehmer hörten zu. Anlass waren die Meldungen über vermehrte Einbrüche, speziell in der Innenstadt, die seit Monaten vor allem Händler und andere Kleinunternehmer beunruhigen. Renate Michael sagte, seit der neuen Entwicklung bei den Ermittlungen habe es seit zwei Wochen keine neuen Einbrüche mehr gegeben.
Doch zeigten ihre Zahlen deutlich: In der Innenstadt wird immer häufiger gestohlen. Während die Zahl der Ladendiebstähle im ganzen Stadtgebiet zwischen 2009 und 2011 pro Jahr bei rund 1200 lag, verdoppelte sie sich im selben Zeitraum in der nördlichen Innenstadt von 120 auf knapp 250, die Zahl der Einbrüche in Läden und gewerblich genutzte Räume von 44 auf 91. Für das vergangene Jahr liegen keine Zahlen vor, diese werden auf Anweisung des Innenministeriums erst bei der Vorstellung der Kriminalitätsstatistik bekannt gegeben, sagte Polizeisprecher Axel Schugardt am Dienstag auf PNN-Anfrage. Jedoch zeichne sich bei der Zahl der Einbruchsdiebstähle in Potsdam ein leichter Anstieg ab – ebenso bei der Aufklärungsrate von zuletzt 51,9 Prozent.
Seit Silvester hatte die Polizei fast wöchentlich Erfolge im Kampf gegen Einbrecher und Diebe vermeldet. Der wichtigste Fall: Im Januar war ein 32-jähriger Potsdamer festgenommen worden, der für mehr als 30 Einbrüche vor allem im Holländischen Viertel verantwortlich gemacht wird. Vor drei Wochen stellte die Polizei sechs mutmaßliche Diebe aus Polen und Litauen, die Autos aufgebrochen, Passanten beklaut und in Supermärkten gestohlen haben sollen. 14 Tatverdächtige vermeldete die Polizei insgesamt.
Bei Yvette Stüwe und Janine Knuth haben die Ermittler allerdings noch keine Erfolgsmeldung gemacht. In ihrem „K&F“- Friseursalon in der Gutenbergstraße wurde Ende Januar eingebrochen – allerdings ging die Sache vergleichsweise glimpflich aus. Wie die Inhaberinnen den PNN erzählten, brach ein Täter bei ihnen eine Tür auf und schlug ein Hinterhoffenster ein, um in das Geschäft zu gelangen. Doch kam er nur dazu, die Schubladen zu durchwühlen – dann störte ihn ein Nachbar, der auch die Polizei gerufen hatte, wie die beiden Frauen den PNN erzählten. Der Täter floh unerkannt und ohne Beute – und verlor seine Armbanduhr. Bei der IHK rieten Polizeivertreter, vor allem kein Geld in den Geschäften zu lassen und den Tätern mit Sicherheitsmaßnahmen wie Rolläden oder verstärkten Schlössern das Einbrechen zu erschweren.
Auch die Täter, die in den „Silber & Dekor“-Laden von Antje Gräfin von Pfeil in der Gutenbergstraße eingebrochen sind, wurden bisher nicht gefunden: „Da waren wohl Profis am Werk.“ Wie die Inhaberin den PNN sagte, hatten Diebe im Oktober 2011 in einer Nacht ihr Geschäft aufgebrochen und unter anderem Silberschmuck im Wert von 50 000 Euro mitgenommen. Von der Polizei ist sie enttäuscht: Viel zu schnell seien die Ermittlungen eingestellt, Spuren nicht verfolgt worden. Auch wegen des Vandalismus in der Innenstadt hat sie das Silberfachgeschäft seit Anfang des Jahres in die Allee nach Glienicke in Babelsberg verlegt. Hinzu kommt: Der Einbruchsschaden wurde von der Versicherung nicht ersetzt, so von Pfeil.
Bei der IHK erklärte die auf Versicherungsrecht spezialisierte Rechtsanwältin Anke Zapfe, nach einem Einbruch liege die Beweislast bei den Händlern: Das betreffe vor allem die vollständige und möglichst innerhalb einer Woche anzufertigende Dokumentation über die gestohlenen Sachen. Dafür seien etwa Fotografien oder gleich der Film aus einer Videokamera im Geschäft zu empfehlen, sagte Michael Goldschmidt, Sicherheitsberater der Berliner Gesellschaft für Eigentumsschutz. Damit könnten auch Ermittlungen erleichtert werden, hieß es.
Kameras haben in der Innenstadt mehrere Geschäfte. Auch im Laden „Japanzimmer“, der sich in der Lindenstraße auf fernöstliche Accessoires spezialisiert hat, hängt im Schaufenster ein Schild mit der Aufschrift „Videoüberwachung!“. Verkäuferin Babette Mastrandrea sagte den PNN, tatsächlich seien früher vor allem in den Stoßzeiten im Advent allerlei Kleinigkeiten abhanden gekommen. Mit der Kamera an der Decke habe das rapide nachgelassen: „Das hat gut geholfen.“ Anwältin Zapfe sagte, gerade Ladendiebstahl sei ein Problem, weil Versicherungen dieses Delikt in der Regel nicht versichern würden. Polizistin Renate Michael warnte, für Ladendiebstähle würden inzwischen auch unter 14-jährige Kinder vorgeschickt – weil sie noch nicht strafmündig sind.
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