
© Kai-Uwe Heinrich
Homepage: Porno ist überall
Mit einem vermeintlichen Tabu-Thema beschäftigt sich eine Konferenz der FH Potsdam. Kaum jemand spricht darüber, aber im Netz ist Pornografie allgegenwärtig.
Stand:
Betrachtet man die Zugriffszahlen im Internet, dürfte es sich um eines der größten Tabuthemen handeln, das die Industriegesellschaften derzeit umkreisen. Was früher einmal in schmierigen Heftchen unterm Ladentisch gehandelt wurde, ist heute millionenfach zugänglich, ein wachsender Markt, über den aber kaum jemand spricht. Pornografie ist mittlerweile überall, der Duktus der Sex-Industrie findet weitgehend unbemerkt Einzug in die Bildsprache der Werbung oder Redewendungen der Jugendsprache. Welche Folgen der nahezu ungehinderte Zugang zur Pornografie gerade auch für Minderjährige hat, ist in der Forschung noch umstritten.
Eine Forschungsgruppe der Fachhochschule Potsdam nimmt sich dem Thema nun mit einer internationalen Konferenz an. Unter dem Titel „Explicit! Coming to Terms with Pornography“ will man sich einer internationalen und interdisziplinären wissenschaftlichen Auseinandersetzung anschließen, die Pornografie seit einigen Jahren in ihren unterschiedlichen Ausformungen und Bedeutungsfeldern untersucht. „Ziel ist es, das Phänomen in seiner Komplexität zu betrachten und seine leitenden Begrifflichkeiten zu diskutieren, um Pornografie verhandelbar zu machen“, so die Veranstalter der zweitägigen Tagung, die mit einem Kurzfilmprogramm im Potsdamer Filmmuseum eröffnet wird.
Das interdisziplinäre Projekt der FH trägt den Namen „Explicit!“ – mit dem Terminus „Explicit Content“ werden Erziehungsberechtigte von der Medienindustrie darauf hingewiesen, dass es sich um Filme, CDs oder Webseiten mit „eindeutigem Inhalt“ handelt, die also nicht jugendfrei ist. Das Projekt wird von Studierenden und Lehrenden der Fachhochschule Potsdam und der Universität Potsdam betreut. Auf der Konferenz wollen Fachleute aus Wissenschaft und Kunst über Pornografie und ihre medialen Ausdrucksformen diskutieren. „Auswirkungen auf Gesellschaft und Geschlechterbilder sowie die Möglichkeiten künstlerischer und gesellschaftstheoretischer Intervention gehören dabei zu den leitenden Fragen“, so die Organisatoren. „Pornografie ist scheinbar überall, gleichzeitig fehlen Ansatzpunkte und öffentliche Debatten, mit diesem massenmedialen und gesellschaftlichen Phänomen umzugehen.“
Die Konferenz startet am 25. Januar mit einem Kurzfilmprogramm im Filmmuseum Potsdam, das vom Pornfilmfestival Berlin kuratiert wurde. Anschließend diskutieren auf dem Podium Jürgen Brüning (Kurator, Filmproduzent), Sven Lewandowski (Soziologe) und Jan Soldat (Filmemacher/HFF Potsdam). Das Programm beginnt um 18 Uhr (Eintritt: 6/3 Euro). Am Samstag, 26. Januar, schließen sich Vorträge und Diskussionen an der Fachhochschule Potsdam an (10-13 Uhr und 14-17 Uhr): Campus Pappelallee, Theatersaal im Hauptgebäude, Kiepenheuerallee 5, der Eintritt ist frei. Erwartet werden Sven Lewandowski (Deutschland), María Llopis (Spanien), Giovanna Maina (Italien), Sands Murray-Wassink (Niederlande), Matteo Pasquinelli (Italien) und Clarissa Smith (Großbritannien). Jan Kixmüller
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: